Grundlegendes
Das Prinzip der MPU verstehen
Worum es hier geht:
Hier wartet ein sehr langer Beitrag auf Sie (ausgedruckt wären das fast 10 Seiten), der dazu dienen soll, dass Sie Logik und Systematik der MPU verstehen und nachher in der Lage sind wichtige Punkte Ihres individuellen Falles genau zu erkennen. Lassen sie sich Zeit beim Durcharbeiten und lesen Sie diesen langen Beitrag ruhig auch ein zweites oder sogar drittes Mal durch, damit sich alles "setzen" kann.
Grundlage für die MPU ist es, dass Sie durch Ihr Verhalten gezeigt haben, dass Sie eine überdurchschnittliche Gefahr für andere im Straßenverkehr darstellen. Der Gutachter darf es sich an diesem Punkt sehr einfach machen: Daran ist nicht zu rütteln, denn sonst müssten Sie jetzt nämlich nicht zur MPU - basta.
Dazu sollten Sie verstehen, welche ganz besondere Position die MPU hat. Die Führerscheinstelle spielt dabei eine wichtige Rolle. Sie beauftragt nämlich den MPU-Gutachter in Ihrem Namen(!) zur Begutachtung, um überprüfen zu lassen, ob die gegen Sie vorliegenden Eignungsbedenken zur Teilnahme am Straßenverkehr inzwischen aus der Welt geräumt werden konnten. Oder anders betrachtet: Die MPU ist als Chance zu sehen, dass Sie belegen können, dass Sie sich so grundlegend verändert haben, dass Sie jetzt keine Gefahr mehr für andere Verkehrsteilnehmer sind und man Ihnen also wieder die Teilnahme am Straßenverkehr gestatten kann.
- Sie haben sich irgendetwas geleistet, das Grundlage dafür ist, dass die Führerscheinstelle jetzt vermutet, dass Sie eine besonders große Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen und deshalb zur Teilnahme am Straßenverkehr nicht geeignet sind.
- Ein speziell geschulter Psychologe (der verkehrspsychologische Gutachter) soll überprüfen, ob Sie diese Eignungsbedenken in der Zwischenzeit ausräumen konnten. Es liegt bei Ihnen, diesen Nachweis zu erbringen! Der kleinste Rest-Zweifel genügt bereits für ein negatives Gutachten.
- Die Führerscheinstelle formuliert die Fragestellung für den MPU-Gutachter, anhand der er die Begutachtung durchführen muss. Es ist deshalb wichtig, dass Sie diese Fragestellung auch im Detail kennen und verstanden haben.
Es ist im Interesse jedes Verkehrsteilnehmers, dass unnötige Gefährdungen vermieden werden. Wenn Sie also auch weiterhin eine besondere Gefahr darstellen, darf Ihnen nicht mehr die Fahrerlaubnis erteilt werden. Der psychologische MPU-Gutachter steht vor einem Problem: Er muss eine Prognose darüber abgeben, ob damit zu rechnen ist, dass Sie sich in Zukunft regelkonform verhalten werden oder nicht. In ungefähr einer Stunde, die ihm für das Gespräch mit Ihnen zur Verfügung steht, ist das realistisch betrachtet aber kaum zu schaffen. Es wurde schon vor etlichen Jahren in einem Gerichtsurteil entschieden, dass das Schutz-Interesse der Allgemeinheit höher steht als der Wunsch für Sie wieder fahren zu dürfen. Das ist schlecht für Sie, denn es bedeutet, dass der »Schwarze Peter« bei Ihnen liegt: Heißt konkret, dass immer dann, wenn ein Rest von Zweifel bleibt, gegen Sie entschieden werden muss!
Damit die Erstellung dieser Prognose nicht dem Gutdünken des Psychologen überlassen wird, sondern auf möglichst einheitliche Weise erfolgt, wurden ausführliche Beurteilungsrichtlinien (ganz aktuell jetzt in der 4. Bearbeitung im November 2022 veröffentlicht) geschaffen, an die sich der Psychologe sehr eng halten muss. Dadurch ist immerhin einigermaßen abgesichert, dass der Ablauf der Begutachtung nicht willkürlich erfolgen kann, sondern von der Struktur her vorgegeben ist.
Und genau auf dieser Vorgabe soll deshalb auch meine Vorbereitung auf die MPU erfolgen, weil sie das Einzige ist, auf das wir uns wirklich verlassen können.
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Achtung: Gefährliche Fallen!
- Der psychologische Gutachter muss ja eine Prognose über Ihr künftiges Verhalten im Straßenverkehr liefern. Dafür braucht er natürlich ein Mindestmaß an "informativem Futter" von Ihnen. Wer die ganze Zeit nur mauert und behauptet, dass alles gar nicht so schlimm gewesen sei und es eigentlich nur "dumm gelaufen" sei, der scheitert kläglich!
- Verwechseln Sie den MPU-Gutachter nicht mit einem wohlmeinenden Therapeut! Er ist in seiner Gutachter-Funktion vielmehr als ein harter Prüfer zu sehen, der nicht auf Ihrer Seite steht!
- Der Inhalt der Führerscheinakte ist zusammen mit der von der Führerscheinstelle formulierten MPU-Fragestellung die Grundlage für die Begutachtung. An beidem dürfen Sie nicht rütteln! Überlegen Sie aber sehr genau, was Sie darüber hinaus an Informationen liefern wollen. Es ist ganz bestimmt keine gute Idee, wenn Sie wie einem Beichtvater Ihr Herz ausschütten und auf Absolution hoffen! Das, was der Gutachter aus der Führerscheinakte erfahren kann, lässt oft viele Fragen offen. Deswegen gibt es ja das ungefähr einstündige Einzelgespräch mit ihm. Einerseits müssen Sie dabei zeigen, dass Sie sich intensiv mit der Aufarbeitung Ihres problematischen Verhaltens beschäftigt haben. Andererseits ist es aber meistens keine besonders gute Idee, wenn Sie sehr redselig auch von vielen anderen Vergehen oder problematischen Vorkommnissen berichten, von denen der Gutachter bisher gar nichts wissen kann. - Sie sehen hoffentlich, dass alles sehr sorgfältig überlegt sein sollte.
- Gehen Sie nicht davon aus, dass man Ihnen schon mitteilen wird welche Leistungen zu erbringen und welche Fristen dafür einzuhalten sind! Die offizielle Denkweise funktioniert ungefähr so: Keine Behörde hat Sie aufgefordert betrunken oder unter Drogeneinfluss zu fahren, fleißig Punkte zu sammeln oder Ähnliches mehr. Alle Verstöße haben Sie ganz allein gemacht. Deshalb wird jetzt auch von Ihnen erwartet dass Sie sich selber drum kümmern was zu tun ist um die Fahrerlaubnis wieder zu bekommen (oder zu behalten, falls sie noch nicht entzogen wurde).
- Spannende Frage: Wer entscheidet was? - Den meisten Betroffenen erscheint es so, dass die Führerscheinstelle der Dreh- und Angelpunkt ist, wohin man sich wenden sollte. Das ist aber ein großer Irrtum! Die Führerscheinstelle schickt Ihnen die Aufforderung zur MPU und formuliert die genauen Fragestellungen, was der MPU-Gutachter zu untersuchen hat. Ob Sie z.B. Abstinenznachweise bei der MPU vorlegen müssen und wie viele und in welcher Form, das wird erst bei der MPU verbindlich entschieden (nämlich durch den Verkehrsmediziner und den psychologischen Gutachter). Tatsächlich kennt sich der Sachbearbeiter bei der Führerscheinstelle zu dieser Frage meistens auch gar nicht aus (es ist ja gar nicht sein Job!). Wenn Sie in diesem Punkt ahnungslos und naiv sind und den Sachbearbeiter fragen, kann es passieren, dass Sie eine völlig falsche Auskunft bekommen und sich darauf auch noch verlassen - also Vorsicht!
Schlechtes Gewissen? Reue?
In vielen Fällen ist es durchaus nachvollziehbar, dass bei der Vorbereitung auf die MPU so etwas wie ein schlechtes Gewissen aufkommt und man bereut, was man getan hat. Damit können Sie aber bei der MPU keinen Blumentopf gewinnen, denn was eh schon geschehen ist, das lässt sich nun mal nicht mehr rückgängig machen!
Etwas anderes, das aber von Ihnen erwartet wird, ist die Einsicht in die Gefährlichkeit Ihres Verhaltens, denn nur der, dem das wirklich bewusst geworden ist, hat eine stabile Grundlage um in Zukunft sich nicht wieder so zu verhalten.
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Wahrscheinlichkeiten spielen eine wichtige Rolle
Egal ob eine Trunkenheitsfahrt unter Alkohol, Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss, besonders häufige Geschwindigkeitsüberschreitung oder sonst ein MPU-Anlass: Die Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden ist verhältnismäßig gering. Oder anders ausgedrückt: Auf jeden Verstoß, der wirklich aktenkundig wird, kommen fast immer sehr, sehr viele, die unentdeckt geblieben sind. Das weiß jeder. Natürlich haben ein paar Wenige auch besonderes Pech und werden ungewöhnlich früh erwischt. Das ist aber die ganz normale statistische Schwankung und wird bei der Begutachtung nicht mildernd berücksichtigt.
Wie bereits oben geschrieben ist es Aufgabe des Gutachters, eine Prognose über Ihr künftiges Verhalten im Straßenverkehr zu stellen. Nun sind ja Prognosen oft mit erheblicher Unsicherheit behaftet (man denke bloß mal an den Ausgang von Wahlen!). Das ist für die MPU ein echtes Problem. Um das wenigstens etwas zu verkleinern, soll der Gutachter auch auf statistisch abgesicherte Daten zugreifen. Ich finde, bis hierher ist dagegen auch nichts einzuwenden. Es ist aber wichtig zu wissen wofür diese statistisch abgesicherten Daten eingesetzt werden: zur Einschätzung der Glaubwürdigkeit Ihrer Angaben nämlich. Und das geschieht folgendermaßen:
Nehmen wir das Beispiel Alkohol-MPU. Sie werden gefragt, wie oft Sie außer am Tag der Trunkenheitsfahrt vorher schon oberhalb der erlaubten Grenze alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen haben. Nehmen wir an, es war wirklich Ihre einzige Trunkenheitsfahrt und Sie sagen das auch so. Dann steht dem laut Statistik gegenüber, dass nur jede 500. Trunkenheitsfahrt(!) oder noch weniger entdeckt wird. Sie behaupten also gewissermaßen, dass Sie der eine von 500 sind, der tatsächlich nur ein einziges Mal betrunken gefahren ist. Das ist sehr unwahrscheinlich und spricht eindeutig gegen Sie. Der Gutachter darf jetzt abwägen und stellt dabei fest: Statistisch gesehen ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie ihn anlügen, ungefähr 500:1 - also sehr hoch. Er wird daraus schließen, dass Ihre Glaubwürdigkeit angezweifelt werden muss und keine Prognose möglich ist! Und wenn er eben keine Prognose stellen kann, dann bedeutet das natürlich negatives Gutachten.
Kommen Sie also auf keinen Fall auf die Idee zu behaupten, dass das Vergehen, bei dem Sie erwischt worden sind, die riesengroße Ausnahme war! Niemand wird das glauben, und der MPU-Gutachter schon gar nicht!
Exkurs:
Wie denken Psychologen?
Psychologie ist nun mal keine exakte Wissenschaft wie die Mathematik, die mit unzweifelhaften Beweisen arbeitet. Die Psychologie versteht sich selbst natürlich schon als Wissenschaft, aber ihr hauptsächliches Werkzeug ist die Statistik. Es werden Hypothesen aufgestellt und die an mehr oder weniger großen Stichproben mit mathematisch-statistischen Methoden überprüft. Psychologen finden es deshalb völlig naheliegend und sinnvoll gewisse Irrtumswahrscheinlichkeiten immer einzukalkulieren. Es ist gar nicht unüblich, dass bei jeder errechneten Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als 5 % die überprüfte Hypothese als bestätigt angesehen werden kann.
Oder andersrum betrachtet: Vielleicht ist die Hypothese ja doch falsch. Nehmen wir mal an, es wird nicht nur diese eine Hypothese überprüft, sondern auch noch 19 andere. Bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % wäre dann unter den 20 überprüften Hypothesen statistisch gesehen eine drunter, die bei diesem Verfahren fälschlicherweise "durchrutscht", ohne dass es auffallen würde! Das ist natürlich nicht schön, aber andererseits behauptet die Psychologie ja auch nicht die absolute Wahrheit zu kennen. Eine gewisse Rest-Unsicherheit wird deshalb bewusst in Kauf genommen. Man setzt darauf, dass es schon mit der Zeit auffallen würde, wenn man wo total daneben liegt. Und die Erfahrung zeigt, dass dieses Vorgehen unterm Strich sogar recht gut funktioniert.
Aber zurück zur MPU. Ein Problem, das nicht einfach aus der Welt zu schaffen ist, besteht darin, dass der MPU-Gutachter nur sehr wenige Möglichkeiten hat den Wahrheitsgehalt von dem, was Sie ihm erzählen, zu überprüfen. Rein theoretisch kann man lügen, bis sich die Balken biegen! In der Praxis macht das aber keinen Sinn, denn die Wahrheitsfindung ist überhaupt nicht der Sinn der MPU. Es geht bei der Begutachtung nicht um schwarz oder weiß und nichts dazwischen. Der Gutachter ist sich selbst verständlich bewusst, dass seine Prognose mit einer gewissen Unsicherheit behaftet ist. Wenn Sie bestehen wollen, ist es Ihre Aufgabe, diese Unsicherheit so klein wie möglich zu halten. Und wenn Sie ihm antworten, dass Sie außer bei den 8 mal, wo Sie geblitzt wurden und die Punkte gesammelt haben, sonst niemals zu schnell gefahren sind (großes Indianerehrenwort - aber beweisen können Sie es halt leider nicht), dann wird das seine Unsicherheit für die Prognose bestimmt nicht zu Ihren Gunsten beeinflussen!
Was bisher bei Ihnen hängen geblieben sein sollte:
- Thema Gefährdung:
Weil Sie durch Ihr Verhalten gezeigt haben, dass Sie ein für andere Verkehrsteilnehmer gefährlicher Kandidat sind, soll Ihnen die Fahrerlaubnis entzogen werden, oder es ist bereits geschehen. - Ich meine, dieser Schritt ist noch nachvollziehbar. - Nicht Schikane, sondern Chance:
Die MPU soll dazu dienen Ihnen eine Chance zu geben, dass Sie doch wieder fahren dürfen. Zu diesem Zweck findet die Begutachtung statt. Diese Begutachtung findet nach klar festgelegten Kriterien statt. Die sind nicht geheim, aber nicht ganz einfach zu verstehen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie gut darauf vorbereitet antreten. - Glaubhaftes Autreten ist wichtig:
Vieles kann in der begrenzten zur Verfügung stehenden Zeit nicht sicher bewiesen werden. Glaubwürdigkeit ist deshalb ein wichtiger Faktor. Es ist Ihre Aufgabe, dass Sie sich möglichst überzeugend und stimmig "verkaufen" können, damit keine Rest-Zweifel bestehen bleiben, denn dann müsste der Gutachter zugunsten der von Ihnen gefährdeten Allgemeinheit entscheiden. Ihre Prognose müsste negativ ausfallen. - Wie viel Wahrheit sollte sein?
Ich möchte die MPU vergleichen mit einer Bewerbung um eine begehrte Arbeitsstelle (ersetzen Sie Arbeitsstelle durch Führerschein!), die Sie sehr gerne haben möchten: Natürlich werden Sie sich bemühen möglichst gut rüber zu kommen. Es würde aber auch keinen Sinn machen irgendwelche job-bezogene Fähigkeiten zu behaupten, die Sie gar nicht besitzen. Das würde mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Nachfragen im Bewerbungsgespräch auffallen. Es versteht sich aber von selbst, dass man in einer solchen Situation nicht von sich aus allerlei für den Beruf wichtige Dinge ausplaudert, die man nicht so gut kann! - Begutachtung nach dem Leiterprinzip:
Jeder, der schon mal eine Prüfung gemacht hat, ist gewohnt, dass man bestanden hat, wenn man mindestens die Hälfte richtig hat (in der Schule gibt das dann meistens die Note 4, also ausreichend). Die MPU ist aber völlig anders aufgebaut: Sie funktioniert eher nach dem Risiko-Prinzip des Geldspielautomaten. Mit jedem erfolgreichen Klick kommt man eine Stufe weiter. Bei einem erfolglosen Klick verliert man den bis hier her erreichten Einsatz. Es spielt auch bei der MPU keine Rolle, ob Sie schon ganz am Anfang des Gutachtergesprächs Mist erzählen oder erst gegen Ende. Um ein positives Gutachten zu erhalten muss alles stimmen - nicht nur die Hälfte!
Ein wichtiger Unterschied
Situation vor Gericht
Jeder Mensch hat sein Leben lang die Erfahrung gemacht: Wenn ich was angestellt hab, aber keiner hat's gesehen, dann halt ich besser den Schnabel! Und falls doch ein Verdacht gegen mich aufkommt, ist es auch dann oft noch ratsam alles abzustreiten, wenn keine Beweise vorliegen. Genau so funktioniert ja auch die Rechtssprechung: Im Zweifel für den Angeklagten. Auch wenn es verdammt arg danach aussieht, dass ich es gewesen bin: So lange es keine zweifelsfreien Beweise oder wenigstens handfesten Zeugenaussagen gibt, ziehe ich den Kopf aus der Schlinge - noch mal Glück gehabt!
Vor Gericht braucht sich niemand selbst zu beschuldigen. Mal angenommen, Sie sind geblitzt worden, wie Sie eine rote Ampel überfahren. Sie legen Widerspruch ein. Es kommt zur Gerichtsverhandlung. Dann wäre es schon reichlich dämlich (und nur die wenigsten würden es wohl tun), wenn Sie erklären, dass der Rotlichtverstoß nur deshalb zustande kam, weil Sie mit 140 bei erlaubten 50 angedüst kamen und leider nicht mehr anhalten konnten. Jeder Anwalt wird Ihnen raten vor Gericht nicht mehr zu erzählen als unbedingt nötig. Und im Zweifelsfall sagt man oft besser gar nichts.
Tatsächlich darf es vor Gericht nicht zu Ihrem Nachteil verwertet werden, wenn Sie lügen. Den Begriff Lüge gibt es dabei gar nicht. Stattdessen wird der Begriff "Schutzäußerung" verwendet. Und strafbar machen Sie sich damit nur dann, wenn Sie dabei einen anderen (Unschuldigen) belasten.
Die Rolle des Staatsanwalts besteht darin, dass er so viele Beweise wie möglich zusammenträgt, um damit zweifellos zu belegen: Genau so und nicht anders muss es gewesen sein! Der Anwalt des Angeklagten wird alles tun um die vom Staatsanwalt vorgelegten Beweise in Frage zu stellen. Am Schluss wird Bilanz gezogen und das Urteil gefällt.
Situation bei der MPU
Es ist sehr wichtig, dass Sie verstehen, dass es bei der MPU nicht mehr um eine Strafe geht (auch wenn es natürlich oft so empfunden wird), sondern um die Einschätzung Ihres künftigen Verhaltens (Prognose). Dass Sie vor Gericht nicht mehr ausgeplaudert haben als unvermeidlich war, das wird als völlig normal vorausgesetzt. Das, was man Ihnen anhängen konnte, wurde Ihnen ganz gewiss auch angehängt. Das Urteil wurde gesprochen und ist inzwischen auch rechtskräftig, denn sonst könnten Sie jetzt noch gar keine MPU machen. Das Thema Strafe ist also abgeschlossen.
Erinnern Sie sich: Die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch Ihr problematisches Verhalten war Auslöser für die MPU, und Sie wollen jetzt den MPU-Gutachter davon überzeugen, dass Sie alles intensiv aufgearbeitet haben und durch die inzwischen stattgefundenen Veränderungen inzwischen keine Gefahr mehr darstellen.
Da Sie ja keine weitere Strafe durch das Gericht mehr befürchten müssen, können Sie jetzt die Karten auf den Tisch legen. Und weil eben allgemein bekannt ist, dass aus gutem Grund vor Gericht verheimlicht, verharmlost, beschönigt wird, will der psychologische Gutachter jetzt von Ihnen ganz offen hören, was wirklich Sache war.
Oder anders betrachtet: Sie sind bei der MPU gewissermaßen "Ihr Staatsanwalt in eigener Sache". Genau so, wie der Staatsanwalt vor Gericht die akribisch zusammengetragenen Sie belastenden Beweise präsentiert hat, ist es bei der MPU Ihre Aufgabe Ihre möglichst lückenlose Aufarbeitung und alle daraus gefolgten positiven Veränderungen dem psychologischen Gutachter auf einem Silbertablett zu servieren.
Ein Blick aus Gutachtersicht
Machen Sie sich klar, wie Sie der Gutachter einschätzt: Da Sie zur MPU müssen, ist ganz klar, dass Sie es faustdick hinter den Ohren haben müssen - denn sonst würden Sie ja nicht zur MPU müssen! Es gibt in Deutschland über 57 Millionen Führerscheininhaber. Dieser Zahl stehen nur rund 90.000 MPU-Gutachten pro Jahr gegenüber. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass in dieser Zahl ja auch die Gutachten enthalten sind, für die der Kandidat mehrmals antreten musste, ergibt das eine verschwindend kleine Zahl der MPU-Betroffenen: Nicht mal jeder 1000. muss zur MPU.
Daraus folgt: Kommen Sie bloß nicht auf den Gedanken sich dem psychologischen Gutachter gegenüber so zu verhalten wie vor Gericht! Es geht um Ihre Glaubwürdigkeit, und damit unmittelbar um die Prognose. Wenn Sie bei der MPU den Harmlosen mimen, sägen Sie ganz kräftig am eigenen Ast. Es ist nicht vorgesehen, dass jemand "nur versehentlich" bei der MPU gelandet ist. Aus der Perspektive des Gutachters gehören Sie einem sehr kleinen Personenkreis an (zur Erinnerung nochmals: nur jeder Tausendste!). Und zu diesem Personenkreis wird man nicht "hinzugewürfelt", sondern man muss handfeste Dinge getan haben (Trunkenheitsfahrt, Drogenkonsum, Punkte gesammelt, Straftaten...). Das ist es, was Sie bei der MPU überdeutlich präsentieren müssen, damit Ihnen nicht die Glaubwürdigkeit abgesprochen wird - mit der Auswirkung, dass keine positive Prognose möglich wäre!
Unbedingt ernst nehmen
Ich erlebe es immer wieder, dass trotz meinen ausdrücklichen Hinweisen beim Gespräch mit dem Gutachter dann doch "geglättet und geschönt" wird. Deshalb nochmals: Sie schaden sich damit nur!
Es war hier schon mehrmals die Rede vom Problem der Glaubwürdigkeit und dass das leicht dazu führen kann, dass der Gutachter das Erstellen einer Prognose für unmöglich erklärt - also negative MPU. Eine ganz ähnliche und genauso schwer wiegende Falle ist aber die folgende: Sie antworten mehrfach auf eine Weise, bei der der Eindruck entsteht, dass doch alles gar nicht so wild war und Sie einfach nur Pech hatten. Aus der Sicht des Gutachters geben Sie damit zu verstehen, dass Sie sich mit dem wirklichen Problem noch gar nicht befasst haben (bei Ihnen "liegt noch eine Leiche im Keller", an die Sie nicht ran wollen). In diesem Fall läuft es ebenfalls drauf raus, dass keine Prognose erstellt werden kann, weil von Ihnen entscheidende Informationen gar nicht oder nur zu oberflächlich zu erhalten sind.
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Das Schubladensystem und die Fragestellungen
Dem psychologischen Gutachter steht bei der MPU eine Art Schubladensystem zur Verfügung, das ihm helfen soll seine Prognose entsprechend zu untermauern und Vorgaben zu machen, welche Voraussetzungen der Klient erfüllen muss, damit er eine positive Prognose erhalten kann.
Was der Gutachter überhaupt zu untersuchen hat, das legt ja die Führerscheinstelle mit den Fragestellungen fest. Wie Ihre Fragestellung(en) genau lauten, muss vollständig ausformuliert auf dem Schreiben drauf stehen, das Sie erhalten, wenn Sie zur MPU aufgefordert werden. Es ist durchaus möglich, dass mehrere Fragestellungen aufgeführt werden, wenn Ihre Delikte das "hergeben". Die Fragestellungen gehören zu den Kategorien A (= Alkohol), D (= Drogen), V (=Verkehrsverstöße) oder M (= Dauermedikation oder Medikamentenmissbrauch).
Die Schubladen-Zuordnung ist insofern wichtig, weil sich daraus die Anforderungen ergeben, die an Sie gestellt werden für ein positives Gutachten. Das bedeutet, dass man sich bemühen sollte in einermöglichst günstigen Schublade zu landen, aus der der Weg hinaus am wenigsten schwierig ist. - Dazu aber in anderen Beiträgen ausführlicher.
Der Faktor Zeit
Es kommt oft vor, dass sich MPU-Betroffene an mich wenden, die auf die eine oder andere Art unter Zeitdruck stehen oder das zumindest stark so empfinden. Es macht zwar keinen Sinn die Vorbereitung unnötig in die Länge zu ziehen, aber MPU-Vorbereitung unter echtem Zeitdruck ist nach meiner Erfahrung sehr ungünstig.
Welche Fristen gibt es überhaupt? Wenn man bisher den Führerschein noch hat und eines Tages zur MPU eingeladen wird von der Führerscheinstelle, dann wird dafür in der Regel ein Termin gesetzt, bis zu dem das positive Gutachten vorliegen muss. So lange darf man dann auch noch fahren. Man sollte sich da aber nicht verrückt machen: Fast immer reicht es aus, wenn bis zum gesetzten Termin die Begutachtung stattgefunden hat, denn darauf, wie langsam evtl. die MPU-Stelle bei der Erstellung des Gutachtens arbeitet, hat man ja keinen Einfluss, und die Führerscheinstelle merkt das ja auch, wenn die Akte noch nicht wieder zurückgekommen ist.
Wenn man den Führerschein aber sowieso nicht mehr hat, kommt die Frist ja nur dadurch zustande, dass man die Erteilung der Fahrerlaubnis selbst beantragt hat. Üblich ist für diesen Antrag eine Laufzeit von 3 bis 6 Monaten. Man hat zwar keinen rechtlichen Anspruch auf Fristverlängerung, aber es ist durchaus üblich, dass man Fristverlängerung bekommen kann oder der Antrag einfach vorübergehend ruhen kann. Und wenn beides abgelehnt wird, kann man den Antrag ja jederzeit einfach zu rückziehen. Auch wenn das lästig und ärgerlich ist, so ist es fast immer die deutlich bessere Lösung als sich durch den Zeitdruck unnötig ein negatives Gutachten einzufangen!
Auch den Termin bei der MPU-Stelle sehen viele ganz falsch an: Sie sind der zahlende Kunde und Auftraggeber, und es ist deshalb überhaupt nichts Ungewöhnliches dran, dass Sie an der Festlegung des Termins beteiligt sein wollen. Und weil man ja meistens auch noch eine ganze Reihe anderer Verpflichtungen hat, denen man nachkommen muss (beruflich zum Beispiel), kann es halt auch passieren, dass einem etwas Wichtiges in die Quere kommt. Dann einfach bei der MPU-Stelle anrufen und einen neuen Termin vereinbaren. Nur sollte man das natürlich nicht erst im allerletzten Moment tun, weil die MPU-Stelle den frei gewordenen Termin dann nicht mehr anderweitig belegt bekommt.
Verhalten im Gespräch
Ein sehr wichtiger Punkt ist die Frage nach dem idealen Verhalten im Gespräch: Einerseits ist zu bedenken, dass die beiden Gutachter (der Psychologe und der Verkehrsmediziner) ja eine Prognose abgeben sollen. Es ist also klar, dass Sie auf keinen Fall mauern dürfen, sondern ausreichendes Material liefern müssen, damit eine Prognose auch entsprechenden Unterbau bekommt. Sie müssen sich im Gespräch aufgeschlossen verhalten, auf die Fragen eingehen (mit aus weichendem Verhalten im Gespräch sägen Sie am eigenen Ast!) und keine Antwort schuldig bleiben. Es kann tatsächlich passieren, dass ein einziges das weiß ich nicht an zentraler Stelle für ein negatives Gutachten genügt. Es wird von Ihnen erwartet, dass Sie sich so gründlich vorbereitet haben, dass es keine unbeantworteten Fragen mehr gibt im Gutachtergespräch.
Andererseits ist taktisch kluges Verhalten sehr wichtig. Beide Gutachter kennen inhaltlich von Ihnen nur das, was sie in der Führerscheinakte nachgelesen haben; oder anders ausgedrückt: nur was aktenkundig wurde ist den Gutachtern bekannt. Deshalb sollten Sie sich sehr gut überlegen, was darüber hinaus Sie von sich aus eventuell noch berichten wollen und vor allem warum. Es kann manchmal sinnvoll sein mehr Background zu liefern, aber leicht schadet man sich damit auch, wenn man damit ein neues Fass aufmacht - also Vorsicht!
Es gibt allerdings Einiges, das einfach von der Wahrscheinlichkeit her nicht verneint werden darf. Wer z.B. mehrmals Punkte durch das Übertreten von Verkehrsregeln gesammelt hat, bei dem ist halt davon auszugehen, dass er sicher noch öfters sich so verhalten hat, dabei aber Glück hatte und nicht erwischt worden ist, weil die Kontrolldichte das eben nicht hergibt. Genauso unwahrscheinlich ist es, dass jemand unter erheblichem Alkohol- oder Drogeneinfluss beim Fahren erwischt wurde und das tatsächlich nur diese eine Mal so vorgefallen ist. Wer das behauptet, der wird als nicht glaubwürdig eingestuft.
Die Arbeitsweise des Gutachters verstehen
Damit die Begutachtung nicht willkürlich abläuft, erfolgt sie nach einem Grundgerüst, das man ungefähr folgendermaßen formulieren kann:
- Was ist geschehen? Dieser Baustein dient vor allem dazu weitere Information zu sammeln und Ihre Angaben mit dem abzugleichen, was in der Führerscheinakte steht. Deshalb ist es wichtig, dass Sie den Akteninhalt im Detail kennen, denn jede widersprüchliche Abweichung muss zum negativen MPU-Ergebnis führen!
- Warum kam es dazu?
Da am Ende ja eine Prognose erstellt werden muss, ist es wichtig, dass der Gutachter so viel wie möglich über die Hintergründe Ihres Verhaltens erfährt, warum Sie jetzt begutachtet werden sollen. Längst nicht alles hat unmittelbar mit dem Straßenverkehr zu tun, sondern es können auch sehr persönliche Details sein, die für Sie eine Rolle gespielt haben. Je nach in dividueller MPU-Fragestellung kann dieser Baustein recht unterschiedlich aussehen. - Was waren Ihre Handlungsmotive?
Hier geht es um Ihre persönliche Sichtweise. Die Psychologie geht davon aus, dass sich niemand bewusst selbst schadet (oder falls doch, dann muss ein dahinter steckender Grund dafür vorhanden sein). Das bedeutet, dass eine problematische Verhaltensweise von außen gesehen durchaus sehr unsinnig erscheinen mag. Für den Handelnden selbst kann das aber ganz anders aussehen. Es ist Ihre Aufgabe, Ihre Handlungsmotive für den MPU-Gutachter nachvollziehbar zu machen! Wenn das nicht gelingt, wird sich der Gutachter sagen: Der Klient hat anscheinend selber noch nicht wirklich verstanden, was zu seinem Problemverhalten geführt hat. Er weiß deshalb nicht, wovor er sich in Zukunft in Acht nehmen muss - also negative Prognose! - Was haben Sie verändert?
Das Verhalten, das Sie jetzt zur MPU geführt hat, betrachtet der Gutachter immer im Zusammenhang mit Ihrer gesamten Lebenssituation. Deshalb reicht es nicht, wenn Sie nur Reue zeigen und mit großem Indianer-Ehrenwort versichern: Ich werd's gaaaanz bestimmt nie, nie wieder tun! Jeder weiß, dass auch die schönsten Vorsätze in der Realität oft erstaunlich wenig Wirkung zeigen können (z.B. der schon mehrfach missglückte Versuch sich das Rauchen abzugewöhnen). - Warum haben Sie das getan?
Natürlich ist oft der unmittelbare Grund der, dass Sie den Führerschein wieder bekommen oder ihn behalten wollen, falls Sie ihn noch haben. Aus Gutachtersicht taugt dieser Grund aber nicht viel, denn sobald Sie die MPU mit positiver Prognose in der Tasche haben, wird der oberflächliche Grund Führerschein bald in den Hintergrund treten. Gefragt sind tiefer gehende Motive. - Rückfallgefahr?
Die Gutachter-Prognose befasst sich ja mit dem zukünftigen Verhalten. Deshalb ist es wichtig, dass er einschätzen kann, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Stabilität der durchgeführten Veränderungen zu wünschen übrig lässt. Er wird deshalb nach so genannten "Glatteis-Situationen" fragen und will hören wie Sie damit umgehen werden. Wenn Sie hier keine überzeugende Antwort parat haben, scheitert die sonst vielleicht schöne MPU an diesem letzten Punkt!
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Wichtige Aufgaben:
- Falls noch nicht geschehen, vereinbaren Sie mit Ihrer zuständigen Führerscheinstelle einen Termin, an dem Sie Einsicht in Ihre Führerscheinakte nehmen können. Dazu haben Sie das Recht, und es darf dafür auch kein Geld verlangt werden. Sie dürfen die Führerscheinakte zwar nicht mit nehmen (damit sollen mögliche Manipulationen verhindert werden), aber Sie können sich beliebig viele Notizen machen oder - meist die einfachste Lösung - z.B. Sei te für Seite ab fotografieren. Man kann die Akte auch kopieren lassen, aber dafür wird Geld verlangt. Üblich sind 30 - 50 Cent pro Kopie. Wenn Sie Glück haben und Ihre Führerschein stelle mit der Digitalisierung schon weit fortgeschritten ist, liegt die Führerscheinakte viel leicht schon digital vor und Sie können eine Kopie als pdf bekommen, was dann natürlich nichts kosten sollte.
Nehmen Sie das ernst! Die Führerscheinakte enthält gewissermaßen die Karten, die im Spiel sind. Kein halbwegs vernünftiger Mensch käme auf die Idee beim Kartenspiel gegen einen Gegner anzutreten, der den Bestand der Spielkarten kennt und Sie nicht. Deshalb gilt: MPU-Vorbereitung ohne genaue Kenntnis des Inhalts Ihrer Führerscheinakte macht absolut keinen Sinn! - Falls Sie bereits die Aufforderung zur MPU erhalten haben: Suchen Sie auf diesem Schreiben die genaue Fragestellung, was der MPU-Gutachter in Ihrem Fall untersuchen soll!
- Stellen Sie sicher, dass mit dem MPU-Gutachten nichts für Sie Schädliches passieren kann. Das bedeutet erstens, dass Sie nirgends unterschrieben haben, dass das Gutachten direkt an die Führerscheinstelle geschickt werden darf (das Gutachten darf unbedingt nur zu Ihnen gesandt werden!) und zweitens, dass Sie nirgends eine Zustimmung gegeben ha ben, mit dem Sie den Psychologen und den Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Dazu sind Sie nämlich nicht verpflichtet.
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Dieser Beitrag war sehr lang und sicher streckenweise auch mühsam zu lesen. Trotzdem gibt er nur einen eher allgemeinen Überblick. Die MPU ist immer eine intensive Einzelfallbegutachtung und kann deshalb von Fall zu Fall ziemlich unterschiedlich aussehen. Nutzen Sie deshalb unbedingt meine kostenlose Erstberatung um für Sie Genaueres zu erfahren!