Verhalten bei der MPU

In diesem Beitrag möchte ich einige Überlegungen anstellen, welches Verhalten bei der MPU „richtig“ oder „falsch“ ist. In Anführungszeichen habe ich das deshalb gesetzt, weil es nicht die eine richtige Verhaltensweise gibt, sondern es von Fall zu Fall erhebliche Unterschiede geben kann. 

Ein böses Missverständnis droht

Ich erlebe immer wieder, dass sich MPU-Kandidaten dem psychologischen Gutachter wie einem Therapeut anvertrauen, denn schließlich ist er ja Psychologe. Wer so denkt, der hat die Aufgabenverteilung völlig falsch verstanden: Er soll Sie begutachten, nicht therapieren! Erwarten Sie also nicht, dass er Ihnen „schon irgendwie helfen“ wird, denn das ist nicht sein Job. Die Rollenverteilung bei der MPU ist klar festgelegt: Er hat die Rolle eines harten Prüfers und Sie sind der Prüfling. Oder aus einer etwas anderen Perspektive betrachtet: Sie müssen zur MPU, weil Sie auf eine Weise gegen Regeln verstoßen haben, dass jetzt angenommen wurde, dass Sie eine Gefahr für die Allgemeinheit im Straßenverkehr darstellen. Der psychologische Gutachter steht nicht auf Ihrer Seite, sondern auf der Gegenseite! Er ist der Vertreter der durch Sie gefährdeten anderen Verkehrsteilnehmer. Deswegen dürfen Sie kein Wohlwollen von ihm erwarten.

Bewerbung um eine Arbeitsstelle

Es macht vieles einfacher verständlich, wenn Sie sich die MPU wie eine Bewerbung auf eine Arbeitsstelle vorstellen, die Sie sehr gerne bekommen wollen. Ersetzen Sie die Arbeitsstelle durch den Führerschein und den psychologischen MPU-Gutachter durch den Personalchef.

Wie würden Sie sich dabei verhalten? Sie würden natürlich bemüht sein den bestmöglichen Eindruck zu hinterlassen. Je anspruchsvoller der ausgeschriebene Job ist, um so genauer wird der Personalchef auf Ihre einschlägigen Fähigkeiten schauen. Nur mit Bluffen kommen Sie da bestimmt nicht weit. Er will Nachweise für Ihre Qualifikationen sehen. Es versteht sich aber von selbst, dass Sie mit dem, was Sie nicht so gut können, nicht gerade hausieren gehen werden, sondern Sie werden alles daran setzen, dass das Bewerbungsgespräch diese wunden Punkte möglichst günstig umschifft. Das gelingt natürlich nicht immer. Deshalb ist es enorm wichtig, dass Sie auf die kritischen Fragen perfekt vorbereitet sind, damit es Ihnen nicht die Sprache verschlägt.

Nicht anders funktioniert es bei der MPU auch.

Wie weiter?

Wenn Sie gedanklich bis hierher gefolgt sind, haben Sie einen sehr wichtigen Teil schon verstanden: Sie wissen, warum Sie dem MPU-Gutachter nicht treu-doof Ihr Herz ausschütten und hoffen dürfen, dass ihn Ihre beteuerte Reue („nie wieder, großes Indianerehrenwort!“) schon beeindrucken wird.

Ihnen steht jetzt aber noch eine Schwierigkeit bevor, die man nicht unterschätzen darf: Angenommen Sie bewerben sich auf eine Stelle als gut qualifizierter Facharbeiter. Wenn Sie sich in Ihrem Gewerbe auskennen, sind auch Fachbegriffe kein Problem für Sie, denn Sie beherrschen die einschlägige Fachsprache souverän. Genau an dieser Stelle wird es bei der MPU aber gefährlich: Auch der psychologische Gutachter denkt in seiner „psychologischen Fachwelt“. Natürlich kann er Ihnen keine psychologischen Fachbegriffe um die Ohren hauen, aber damit ist Ihnen nicht viel weiter geholfen. Er wird zwar „möglichst verständliche Begriffe“ verwenden, aber oft wird er etwas ganz anderes damit meinen als Sie verstehen. Und von diesen gefährlichen Missverständnissen gibt es eine große Menge. Haben Sie z.B. schon mal den Begriff Trinkpause gehört? Vermutlich eher nicht, denn in der Alltagssprache ist dieser Begriff nicht gängig. Er klingt aber irgendwie selbsterklärend. Genau hier lauert eine sehr böse Falle: Die meisten antworten nach Gutdünken, wie sie diesen seltsamen Begriff sich also zusammengereimt haben. Und sie ahnen gar nicht, dass die Frage des Gutachters auf etwas ganz anderes abzielt, als sie glauben!

„Trinkpause“ klingt so, als ob es was Positives ist. Ja klar, Trinkpausen hab ich schon oft gemacht! – Und schon sind Sie auf dem Weg eine eine deutlich ungünstigere Einstufung…

Soziale Erwünschtheit

Kommen wir zurück zum guten Eindruck, den Sie ja hinterlassen wollen. Dazu ein ganz harmloses Beispiel:

Angenommen Sie finden nachts auf der Straße einen Geldbeutel mit einem ganzen Bündel Scheine drin. Sozial erwünschtes Verhalten ist Ehrlichkeit, also dass Sie den Geldbeutel zur Polizei oder zum Fundbüro bringen. Das tatsächliche Verhalten weicht aber in der Wirklichkeit oft stark ab: Keiner hat’s gesehen. Vielleicht war ja in dem Geldbeutel außer Ausweispapieren gar nichts mehr drin? Sie als pflichtbewusster Mensch geben den Geldbeutel natürlich trotzdem ab. Derjenige, der ihn verloren hat, ist wahrscheinlich froh, dass er wenigstens nicht alle Papiere neu besorgen muss. Wo ist aber das Geld geblieben? Na klar, das hat einer rausgenommen! Aber wer? Ein Finder vor Ihnen? Ob er Ihnen glauben wird, dass nicht Sie das waren, auch wenn Sie als mustergültig ehrlicher Finder aufgetreten sind?

An diesem Beispiel sehen Sie, dass es mit sozialer Erwünschtheit und Glaubwürdigkeit gar nicht so einfach ist. Wer zur MPU muss, der ist bereits mit Verhaltensweisen aufgefallen, die sicher nicht sozial erwünscht waren. Ihm wird deshalb niemand glauben, dass er sonst niemals das problematische Verhalten auch gezeigt hat. Das ist statistisch dermaßen unwahrscheinlich, dass der MPU-Gutachter so jemanden als nicht glaubwürdig einstufen muss.

Ich denke, Ihnen wird hier deutlich, auf welch dünnem Eis man sich bei der MPU bewegt: Sollen Sie also wirklich von sich aus freiwillig noch jede Menge Vergehen berichten, bei denen Sie gar nicht erwischt worden sind? Oder versuchen Sie es doch damit, dass Sie stocksteif behaupten, nur das, was auch in der Akte steht, sei das Problem gewesen?

Das Thema Lügen

Immer wieder thematisieren meine Klienten die Frage nach Wahrheit und Lüge bei der MPU. Ich möchte deshalb auch dazu was sagen:

  1. Schauen Sie sich unbedingt Ihre Führerscheinakte sehr genau an. Von dem, was dort drin steht, dürfen Sie nicht abweichen, denn sonst ist Ihnen das negative Gutachten sicher. Es kommt gar nicht so selten vor, dass in der Führerscheinakte etwas gelandet ist, das nicht der Wahrheit entspricht. Da hilft aber alles nichts: Widerspruch zur Aktenlage führt zwingend zum negativen Gutachten. Um das zu vermeiden, müssen Sie an dieser Stelle also tatsächlich lügen!
  2. Es gibt eine Empfehlung, die sich komisch anhört, aber gar nicht so dumm ist: Sage nichts Unwahres – aber sage auch nicht alles Wahre! Was soll das bedeuten? Gemeint ist, dass Sie mit unwahren Behauptungen große Gefahr laufen, dass Sie sich durch Rückfragen des Gutachters in Widersprüche verwickeln (er macht den Job ja nicht erst seit gestern und weiß, wie man Leute aufs Glatteis führt!). Andererseits sollen Sie aber auch keine Plaudertasche sein. Wonach Sie nicht gefragt werden, das sprechen Sie von sich aus tunlichst nur dann an, wenn Sie das zusammen mit mir vorher genau geplant haben.

Zusammenfassung

Wie sieht das optimal richtige Verhalten bei der MPU nun also aus? Die Antwort lautet: Das ergibt sich erst durch die sorgfältige Aufarbeitung Ihres Akteninhalts und die Vorgeschichte Ihrer Auffälligkeit(en). Sie brauchen einen Roten Faden für Ihren Fall. Einen solchen Roten Faden entwickle ich bei meiner MPU-Vorbereitung ganz individuell nach und nach für jeden meiner Klienten. Wenn Sie bei der MPU nervös werden, hilft es erfahrungsgemäß sehr, wenn Sie den Roten Faden als „Rettungsanker“ haben, auf den Sie jederzeit zurückgreifen können.

3 Gedanken zu „Verhalten bei der MPU“

  1. Hallo,
    meine Frage wäre, wie lange bleibt der Eintrag in der Führerscheinakte der Führerscheinstelle stehen, nachdem eine MPU ohne grosse Vorbereitung erfolgreich und ohne Auflagen absolviert wurde?

      1. Vielen Dank, für die prompte Antwort. Dann werden in drei Jahren und 100 Tagen die Sektkorken knallen, nachdem ich mich von der Löschung überzeugt habe.

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