Es wurde ja weiter oben auf der Homepage schon angesprochen: Mit der Wahrheit ist es nicht getan. Ich will hier erklären, worin der verhehrende Trugschluss besteht.
Machen Sie sich als erstes bewusst, dass zwischen Gerichtsverhandlung und MPU-Begutachtung ein ganz wesentlicher Unterschied besteht: Vor Gericht geht es um die Frage nach der Schuld und in der Folge davon um die Art und Höhe der Strafe. Die soll natürlich eine erzieherische Wirkung für die Zukunft haben, sagt aber noch rein gar nichts darüber aus, ob diese Wirkung erfolgreich war oder nicht.
Durch Ihr problematisches Verhalten in der Vergangenheit war zu erkennen, dass Sie eine überdurchschnittlich hohe Gefahr im Straßenverkehr darstellen. Was im Detail stattgefunden hat und inwiefern dabei andere erheblich gefährdet oder sogar geschädigt worden sind, damit hat sich das Gericht sorgfältig befasst und das in sein Urteil einfließen lassen. In dem Moment, wo das Urteil rechtskräftig geworden ist und nicht mehr angefochten wird, ist dieser Part abgeschlossen, und Sie dürfen daran kein bisschen mehr rütteln.
Die Zielsetzung der MPU ist eine ganz andere: Sie hat die Aufgabe genau zu untersuchen, ob damit zu rechnen ist, dass Sie in Zukunft keine besondere Gefahr mehr darstellen. Dafür reicht es nicht aus, wenn Sie ganz wahrheitsgetreu alles berichten, was geschehen ist. Das ist kalter Kaffee, denn damit hat sich ja das Gericht bereits befasst! Jetzt geht es zunächst mal um die Hintergründe für Ihr Problemverhalten. Hier wird es ohne entsprechende Vorbereitung mit der schönen Wahrheit oft schon sehr dünn, denn die wesentlichen Zusammenhänge liegen nur für die wenigsten Betroffenen bereits so offen, dass sie klipp und klar erklärt werden können. Das bedeutet, dass bereits an dieser frühen Stelle der Begutachtung für die meisten Unvorbereiteten der Daumen nach unten gehen wird.
Selbst wenn Sie diese Hürde erfolgreich bewältigen, ist damit aber noch nicht viel gewonnen. Für den Richter ist mit seinem Urteilsspruch und der verhängten Strafe die Arbeit getan. Der psychologische Gutachter muss aber eine Prognose stellen. Während vor Gericht noch der Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten galt, ist es jetzt umgekehrt: Die Beweislast liegt in der MPU bei Ihnen! Das hat zur Folge, dass bereits dann, wenn nur der kleinste Zweifel an Ihrem künftigen Verhalten bestehen bleibt, gegen Sie entschieden wird.
Falls Sie sich bereits näher damit befasst haben, werden Sie sicher bemerkt haben, dass es mit der Beweisbarkeit des Verhaltens, das ja erst in der Zukunft stattfinden wird, eine sehr schwierige Sache ist. Es bleibt also nur eine sehr gute Überzeugungsarbeit als Ersatz bestehen. Der psychologische Gutachter erwartet von Ihnen, dass Sie ihm ganz genau darlegen können, was Sie in den vergangenen Monaten schon alles in Ihrem Leben verändert haben und warum.
Aber zurück zur Wahrheit: Wer das Prinzip der MPU nicht wirklich verstanden hat, wird hier wahrscheinlich nicht viel liefern können. Ich bekomme viele negativ ausgefallene Begutachtungen, und erstaunlich oft ist deutlich zu erkennen, dass eben nicht viel von Bedeutung wirklich verändert worden ist. Der Kandidat präsentiert sein Problemverhalten als „riesengroße Dummheit“ und meistens auch als die große Ausnahme. Und was hat er geändert? Na, er hat halt den festen Vorsatz gefasst, dass er es in Zukunft nicht wieder tun wird.
Das kann durchaus wahr sein (ganz großes Indianerehrenwort!). Aber den Gutachter beeindrucken Sie mit Vorsätzen nicht. Als Verhaltenspsychologe weiß er sehr gut, dass zwischen der Einstellung auf der enen Seite und dem tatsächlich stattfindenden Handeln erstaunlich große Unterschiede bestehen können. Für Ihn sind deshalb ganz andere Kriterien wichtig. Und damit Sie diese Kriterien überhaupt kennen und ernst nehmen, ist eine entsprechende Vorbereitung auf die MPU unverzichtbar.