Führt die Wahrheit bei der MPU zum Ziel?

Die MPU ist eine Begutachtung, durch die geklärt werden soll, ob der Kandidat auch in Zukunft weiter das problematische Verhalten zeigen wird, wegen dem er jetzt zur MPU antreten muss. Der Gutachter muss also eine Prognose abgeben. So weit so gut und durchaus nachvollziehbar. Bei näherer Beschäftigung stößt man aber bald auf einige Punkte, auf die ich hier genauer eingehen will. 

Ehrlichkeit = Wahrheit?

So oder ähnlich denken viele Ahnungslose: Der Gutachter wird mir Fragen stellen, auf die ich ganz ehrlich antworte. Das böse Erwachen kommt aber bald, wenn der Ihnen hartnäckig Fragen stellt, auf die Sie keine Antwort wissen.

Wie kann das sein? – Das Problem ist die Prognose. Es reicht nicht, wenn Sie dem Gutachter haarklein berichten, was vorgefallen ist. Er muss verstehen können, warum Sie sich genau so verhalten haben, denn nur dann hat er eine Entscheidungsgrundlage für seine Prognose. Tatsächlich verschlägt es vielen schon an dieser Stelle die Sprache, weil sie mit einer solchen Frage nicht gerechnet haben.

Ein Beispiel:
Herr M. ist mit 2 ‰ in eine Kontrolle geraten. Der MPU-Gutachter möchte jetzt wissen, wie sein Trinkverhalten ausgesehen hat (nicht nur am Tag der Trunkenheitsfahrt) und vor allem warum so viel. Das ist aber eine Frage, über die Herr M. vielleicht noch nie näher nachgedacht hat. Was soll er also sagen? Die Wahrheit wäre: „Ich weiß es nicht!“ Damit hat er aber die negative Prognose bereits sicher. Er muss nämlich für den Gutachter sehr gut nachvollziehbar machen können, warum er sich so und nicht anders verhalten hat.

Die Fragen nach dem WARUM haben zentrale Bedeutung bei der Begutachtung, denn wenn der Kandidat noch nicht einmal selber verstanden hat, wieso es zu seinem problematischen Verhalten kam, wie soll dann eine positive Prognose möglich sein? Damit Sie bei diesen Fragen nicht ins Schleudern geraten, ist eine sorgfältige Aufarbeitung nötig. Das schüttelt man nicht mal eben so aus dem Ärmel.

Wie weit reicht die Wahrheit?

Der MPU-Gutachter ist zwar Psychologe, aber er ist NICHT Ihr Therapeut, dem Sie alles offenherzig anvertrauen können! Machen Sie sich das unbedingt bewusst! Er befindet sich Ihnen gegenüber in der Rolle eines strengen Prüfers und nicht eines Therapeuten, der Ihnen helfen möchte! Deshalb wäre es auch extrem naiv und kurzsichtig, wenn man meint ihm sein Herz ausschütten zu sollen. Das gibt die Rollenverteilung Gutachter ↔ Proband einfach nicht her.

Seien wir doch realistisch: Wer zur MPU antritt, der will natürlich den Führerschein wieder haben! Der MPU-Gutachter steht ihm dabei eher im Weg. Der Proband muss sich dabei so kooperativ zeigen, dass der Gutachter genügend Information bekommt um seine Arbeit tun zu können. Wer „mauert“, der verliert!

Mit der Führerscheinakte liegen die „Spielkarten“ auf dem Tisch. Allerdings ist das meistens deutlich zu dünn für eine halbwegs realistische Prognose. Und genau deshalb gibt es ja das ungefähr einstündige Gutachtergespräch. Ihre Aufgabe als Proband, der ja eine positive Prognose erhalten möchte, besteht jetzt darin, das nötige Material so perfekt aufbereitet zu liefern, dass der MPU-Gutachter zum positiven Ergebnis kommt.

Sie sehen sicher, dass dafür eine Stunde Zeit recht knapp sein kann, wenn es thematisch in die Tiefe geht.

Also soll ich lügen?

Nein, das wäre ein großes Missverständnis und würde dem Gutachter, der seinen Job ja nicht erst seit gestern macht, sicher auffallen. Es geht aber darum was und wie viel genau Sie dem Gutachter berichten, denn einerseits muss es ja „genug Substanz“ bieten, aber andererseits macht es auch keinen Sinn ohne Notwendigkeit eine vollständige „Lebensbeichte“ abzuliefern. Mit lügen hat das nichts zu tun, aber die Aufarbeitung will schon sorgfältig überlegt sein. Grundlage dafür muss natürlich der Akteninhalt sein.

 

7 Gedanken zu „Führt die Wahrheit bei der MPU zum Ziel?“

  1. Hallo Herr Mangold, vielen Dank für Ihren Blog der mir im Prozess sehr geholfen hat. Mittlerweile habe ich im 2. Anlauf ein positives Gutachten erhalten nach einer Drogenfragestellung die im ersten Anlauf zu einem Mischkosum und damit einem negativen Gutachten geführt hat. Eigentlich wollte ich heute das Gutachten abgeben – leider ist jedoch der einzig dafür in Frage kommende Sachbearbeiter erkrankt. Mein Führerschein ist seit dem 09/2019 entzogen. Wenn ich das Gutachten irgendwann abgeben darf, wird mir dann der Führerschein (wenn auch nur ein vorläufiger) direkt ausgehändigt oder entsteht erneut eine Wartezeit.

    Viele Grüße

    1. Kann durchaus sein, dass das jedes Amt individuell handhabt. Zumindest ein vorläufiger Schein sollte aber innerhalb von 2-3 Tagen zu kriegen sein.

      1. Hallo Herr Mangold, die richtige Antwort hätte sein sollen, dass der Führerschein innerhalb von 24 Monaten nach Entzug neu erteilt werden muss. Wenn die Erteilung innerhalb dieser Zeit (aus welchen Gründen auch immer) nicht erfolgt, muss eine Fahrprüfung mit vorangehender Fahrschule gemacht werden. Bei Chrisclos sind mehr als 24 Monate vergangen, so dass aller Voraussicht nach eine Fahrprüfung mit allem drum und dran fällig wird! Hätten Sie unbedingt wissen müssen! Stattdessen geben Sie eine falsche Antwort!

        1. Na, da sind sie aber weit hinter der aktuellen Lage zurück: Die von Ihnen angesprochene 2-Jahres-Frist wurde schon vor wesentlich mehr als 10 Jahren abgeschafft und ist also längst eiskalter Kaffee…

          1. Die Führerscheinbehörde hat immer dann eine Fahrprüfung vor Wiedererteilung der Fahrerlaubnis anzuordnen, wenn Zweifel bestehen, dass der Antragsteller noch ausreichend Kenntnisse im Straßenverkehr hat, um ein KFZ sicher zu bewegen. Und solche Zweifel sind anzunehmen, wenn zwischen Entzug und Neuerteilung mehrere Jahre liegen, nach Verwaltungsanweisung zumindest in Schleswig-Holstein und Hamburg nach Ablauf von zwei Jahren mithin 24 Monate!

  2. Kann sein, dass es Unterschiede von Bundesland zu Bundesland gibt – das weiß ich momentan nicht. Ich kenne aber viele Fälle, die JE NACH SACHBEARBEITER sehr unterschiedlich gehandhabt wurden. Extremstes Beispiel: Einer hat nach 16 abgewarteten Jahren den Führerschein ohne jegliche Probleme wieder gekriegt. An derselben Führerscheinstelle, aber andere Sachbearbeiterin, gab es in einem anderen Fall nach nicht mal 3 Jahren dagegen das volle Programm. Ich meine deshalb, dass eine allgemeingültige Aussage, wie das überall tatsächlich betrieben wird, nicht möglich ist.

  3. Sehr geehrter Herr Mangold, um die Sache abzuschließen, der Sachbearbeiter kam Ende November aus dem Krankenstand zurück und am 16. Dezember 2021 (27 Monate nach Entzug) habe ich direkt einen vorläufigen Führerschein und Ende Januar meinen Scheckkartenführerschein erhalten.

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