Das Prinzip MPU verstehen
Was genau steckt wirklich hinter der MPU? Es ist sehr nützlich, wenn Sie die wesentlichen Zusammenhänge und Ideen verstanden und sich bewusst gemacht haben.
Hier erfahren Sie alle Einzelheiten.
1. Der zentrale Paragraph
Jeder sollte es schon in der Fahrschule gelernt haben:
(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
Das ist §1 der StVO und daran orientiert sich die MPU. Am wichtigsten sind dabei die beiden Kriterien Schädigung und Gefährdung Anderer. Ziel der MPU ist es das konsequent zu vermeiden.
2. Die Ausgangslage
Wer zur MPU aufgefordert wird hat irgendetwas angestellt, mit dem er oder sie gegen eine oder beide oben genannte Vorgaben erheblich verstoßen hat. Es ist wichtig, dass Sie das niemals in Frage stellen - denn sonst wären Sie jetzt ja nicht bei der MPU.
Wegen dieser Auffälligkeit(en) wurde Ihnen der Führerschein bereits gezogen oder es steht unmittelbar an: Andere Verkehrsteilnehmer sollen vor Ihrem problematischen Verhalten geschützt werden.
3. Der Zweck der MPU
Die MPU ist nicht als Strafe gedacht, sondern ganz im Gegenteil: Sie soll dem Betroffenen Gelegenheit zum Nachweis geben, dass er/sie das problematische Verhalten dauerhaft abgestellt hat und deshalb keine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer mehr besteht.
Das Konstrukt MPU gibt es in dieser Form nur in Deutschland, und existiert inzwischen seit mehr als 70(!) Jahren.
Bedenken Sie:
Niemand muss zur MPU antreten. Faktisch ist eine positive MPU aber der einzige realistische Weg, um in Deutschland den Führerschein halbwegs zeitnah wieder zu bekommen.
Nehmen Sie die Angelegenheit also nicht auf die leichte Schulter!
4. Aufbau und Funktionsweise der MPU
- Sie haben sich als eine besondere Gefahr im Straßenverkehr zu erkennen gegeben. Auch in Zukunft wieder fahren dürfen Sie deshalb nur dann, wenn Sie das vollständig und dauerhaft abgestellt haben.
- Um das zu überprüfen gibt es deutschlandweit speziell dafür knapp 300 ausgewählte Stellen: die MPU-Institute.
- Die Ständige Arbeitsgruppe Beurteilungskriterien legt fest wie die MPU-Institute arbeiten müssen. Maßgeblich beteiligt sind daran die DGVP und die DGVM. Damit ist sicher gestellt, dass die MPU-Begutachtung regelmäßig dem neuesten Stand angepasst wird.
- Die Begutachtung folgt einem ziemlich genau festgelegten Schema:
- Was genau haben Sie "angestellt"?
- Wieso kam es dazu?
- Wie sah die Vorgeschichte aus?
- Was haben Sie geändert?
- Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
- Wodurch sorgen Sie dafür, dass es nicht nochmals vorkommen kann?
Das hört sich sicher im ersten Moment recht harrmlos an. Unterschätzen Sie das aber nicht!
5. Medizinischer Teil, Reaktionstests, psychologischer Teil
Weil es die MPU schon so lange gibt, überrascht es natürlich nicht, dass sie im Lauf der Jahrzehnte immer weiter optimiert worden ist. Dabei hat man sich daran orientiert, welches die häufigsten Problemfelder sind:
- Medizinische Ursachen
Wer durch sein Verhalten im Straßenverkehr besonders aufgefallen ist, kann eventuell medizinisch bedingte Einschränkungen haben, die bisher gar nicht aufgefallen sind. Deshalb wird ein entsprechender Check gemacht. Davor brauchen Sie normalerweise keine Angst zu haben. - Die Reaktionstests
An einem computerbasierten Testgerät müssen Sie verschiedene Aufgaben erledigen. Damit wird überprüft, ob Sie eine für den Straßenverkehr ausreichende Auffassungsgabe haben, schnell genug auf wichtige Reize reagieren können und sorgfältig genug arbeiten. Auch das ist für die meisten Probanden eher Routine. - Der psychologische Teil
Das ist der Teil der MPU, auf den es ganz besonders ankommt. Fast alle, die bei der MPU durchfallen, sind in diesem Teil gescheitert. Sie sitzen eine volle Stunde lang einem psychologischen Gutachter gegenüber, der im Einzelgespräch die oben ja schon aufgezählten Themen gründlich abklopfen wird.
6. Die Verhaltensanalyse
Der psychologische Gutachter arbeitet nach dem Grundprinzip der Lernpsychologie. Die besagt: Der Mensch tut Dinge, die ihm etwas Angenehmes bringen, immer öfter; Unangenehmes versucht er zu vermeiden. Ihr problematisches Verhalten im Straßenverkehr muss Ihnen also "irgendetwas Angenehmes" gebracht haben - sonst hätten Sie es nicht getan (nach dem Verständnis der Lernpsychologie). Leider ist das aber meistens nicht auf den ersten Blick zu sehen.
Nötig ist eine sehr gründliche Aufarbeitung. Das kann in Eigenarbeit gelingen, aber oft gibt es Hindernisse, die diese Aufarbeitung erschweren. Eine kompetente therapeutische Unterstützung ist deshalb hilfreich, um diesen Prozess zu beschleunigen und erleichtern.
Wichtigstes Ziel der Verhaltensanalyse ist es, dass Sie verstehen, welchen psychischen Zweck Ihr problematisches Verhalten für Sie hatte. Nur wenn Sie das wirklich verstanden haben, werden Sie es in Zukunft dauerhaft vermeiden können.
Der Psychologe benutzt den Begriff Verstärker. Einfach ausgedrückt meint er damit die vielen angenehmen und unangenehmen Einflüsse. Er geht davon aus, dass das menschliche Verhaltens maßgeblich durch solche Verstärker beeinflusst wird. Das Problem besteht aber oft darin, dass es nicht ausreicht, dass Sie einen als wichtig erkannten Verstärker einfach wegnehmen ("ich mach das jetzt einfach nicht mehr!"). Es würde eine gefährliche Lücke entstehen, die schon sehr bald mit einem anderen - oft nicht weniger problematischen - neuen Verhalten gefüllt wird.
Es muss also einen neuen mindestens genau so "starken" Verstärker geben, der die entstandene Lücke zuverlässig füllen kann. Der Gutachter wird deshalb sehr hartnäckig nachfragen, damit er einschätzen kann, wie stabil die Verhaltensänderung voraussichtlich sein wird.
Nur dann, wenn ihn das wirklich überzeugt, darf er eine positive Prognose geben!
7. Die entscheidende Besonderheit
Jeder hat in seinem Leben schon Prüfungen gemacht. Man ist gewöhnt, dass man meistens dann bestanden hat, wenn man mindestens die Hälfte richtig gemacht hat. Das gibt dann zwar noch keine gute Note, aber durchgefallen ist man jedenfalls nicht, und das ist ja wichtig.
Die MPU ist aber keine solche normale Prüfung, sondern es handelt sich um eine Begutachtung. Dabei wird eine Liste von ganz wesentlichen Punkten abgearbeitet:
- Haben Sie verstanden, wieso Sie sich so problematisch benommen haben im Straßenverkehr?
- Können Sie erklären, welche Funktion dieses Verhalten für Sie hatte?
- Wie genau haben Sie das inzwischen abgestellt?
- usw.
Ich zähle hier nicht wieder alles der Reihe nach auf. Ganz entscheidend ist aber, dass nach lernpsychologischem Verständnis nur dann Stabilität gegeben ist, wenn wirklich alle Kriterien erfüllt sind. Wenn Sie z.B. nicht wirklich verstanden haben, warum Sie sich so verhalten haben, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass Sie bald in die nächste entsprechende Falle tappen werden ohne das zu merken!
Es ist keine Schikane des Gutachters, dass er nicht zufrieden ist, wenn Sie die Hälfte seiner Fragen beantworten können, sondern es handelt sich um aufeinander aufbauende Voraussetzungen. - Sie wären ja bestimmt auch nicht zufrieden mit einem Auto, bei dem der Motor bestens läuft, aber leider die Bremsen nicht funktionieren…

Fahren lernen per Buch?
Aus Büchern auf die MPU vorbereiten?
Ich lese gerne und viel. Ich trage sogar meistens ein Buch in meiner Tasche herum, falls es mal eine Weile Leerlauf gibt und ich wo warten muss. Aber nicht alles kann man gleich gut durch lesen lernen. Die effektive Vorbereitung auf die MPU gehört dazu.
Man stellt sehr schnell fest, dass es nicht die Lektüre gibt, die alles relevante MPU-Wissen enthält. Das liegt daran, dass jeder Fall eben mehr oder weniger stark unterschiedlich ist. Deshalb kann ein Buch immer nur allgemeine Empfehlungen geben aber nie genauer auf den individuellen Einzelfall eingehen.
Natürlich kann in einem Buch das Prinzip MPU erklärt werden wie ich das hier gerade eben in Kurzform getan habe. Man stößt aber dabei an eine klare Grenze, weil der MPU-Gutachter auf Ihren Einzelfall ausgerichtet vorgehen wird. Das kann in einem Buch höchstens durch ein paar Beispiele angedeutet werden, mehr aber auch nicht.

Ein dickes Buch nach dem anderen geschafft und immer noch nicht schlauer?
Die Anforderung an die Aufarbeitung Ihres Falles ist so hoch, dass sie ohne fachmännische Unterstützung nur sehr mühsam zu schaffen ist. "Ich sag einfach die Wahrheit, dann wird's schon passen" hilft hier ganz bestimmt nicht weiter!
So geht es besser: