Ihre Führerscheinakte
Was dieser Beitrag behandelt
Die Führerscheinakte ist von zentraler Bedeutung für die MPU. Erfahren Sie hier alles Wichtige.
Ein weit verbreitetes Missverständnis: Die Führerscheinakte wird mit dem Flensburger Verkehrsregister-Auszug (FAER) gleich gesetzt. Das ist etwas ganz anderes!
In Flensburg werden die Punkte für alle Fahrerlaubnis-Inhaber von ganz Deutschland verwaltet. Dort ist also Ihr "Punktekonto" gespeichert und wird automatisch auf dem laufenden gehalten, wenn z.B. Punkte das Ende der Lebensdauer erreicht haben und gelöscht werden müssen, oder natürlich, wenn neue Punkte dazu gekommen sind.
Ihre Führerscheinakte befindet sich bei der für Sie zuständigen Führerscheinstelle (meistens dem Landratsamt angegliedert, aber das kann regional auch anders organisiert sein) und liegt dort ganz traditionell als ein mehr oder weniger dicker Aktenordner vor. Dort sind zwar auch Ihre Punkte enthalten, meistens aber nicht nur. Der für Sie zuständige Sachbearbeiter darf nämlich in der Führerscheinakte alles sammeln, was irgendwie im weiteren Sinne von Belang für Ihr Verhalten im Straßenverkehr sein kann. Weil das eine recht schwammige Angelegenheit ist, kann allerlei drin stehen, das Sie selbst wahrscheinlich niemals mit Verkehrsverstößen in Verbindung gebracht hätten. Vor allem sollten sie sich nicht darauf verlassen, dass alles ganz brav gelöscht wird wenn das Verfallsdatum erreicht ist.
Man ahnt es schon: Dafür, wie eine Führerscheinakte aussieht, spielt nicht nur das Tun des Inhabers eine Rolle, sondern auch die Arbeitsweise und der Fleiß des zuständigen Sachbearbeiters - was aber leider etwas ist, auf das man selber keinen Einfluss hat!
Die Haltbarkeit der Einträge
Nach der Änderung des Punktesystems zum 1.5.2014 gibt es jetzt ganz klar definierte Fristen, wie lange Punkte bestehen bleiben (bei Geschwindigkeitsüberschreitung sind das zweieinhalb Jahre; das alte System von fast unbegrenzter Verlängerung, wenn immer wieder was Neues dazu kommt, wurde abgeschafft). Daraus sollte man aber nicht schließen, dass das auch für die Führerscheinakte gilt! Auch in Flensburg schon längst gelöschte Punkte bleiben in der Akte trotzdem drin, und zwar oft für mindestens 10 Jahre. Ob das im Einzelfall so Rechtens ist, das ist eine Frage für sich.
Schauen Sie sich also Ihre Führerscheinakte wirklich sehr genau an und reklamieren sie, wenn sie dort etwas finden, wenn Sie dort etwas finden, von dem Sie glauben, das müsste längst entfernt worden sein!
Die zentrale Grundlage für die MPU
Absolut wichtig zu wissen ist es, dass die Führerscheinakte die zentrale Grundlage für die MPU ist. Deshalb wäre es ausgesprochen dumm zur MPU anzutreten ohne den genauen Inhalt Ihrer Führerscheinakte zu kennen. Das wäre ungefähr so dumm wie bei einem Kartenspiel mitzumachen ohne die im Spiel befindlichen Karten zu kennen.
Was in der Führerscheinakte drin steht, dürfen Sie niemals in Frage stellen - nicht einmal dann, wenn es nicht der Wahrheit entspricht! Dahinter steckt folgende Überlegung: Irgendeine verbindliche Grundlage für die MPU ist nun halt mal nötig (das leuchtet ja durchaus ein, meine ich). Für die Aktenlage als Grundlage hat man sich deshalb entschieden, weil dort zu sehen ist, ob ein Verfahren noch läuft oder abgeschlossen ist. Wenn es noch läuft, dann bedeutet das, dass noch Änderungen möglich sind, z.B. auch durch weitere Zeugenaussagen, Einsprüche, Indizien oder Beweise. Bei einem abgeschlossenen Verfahren kann deshalb (nach juristischem Verständnis!) davon ausgegangen werden, dass alle streitigen Fragen endgültig geklärt worden sind, denn sonst wäre das Verfahren ja nicht abgeschlossen. Wenn aber alles geklärt ist, dann dürfen Sie dem auch nicht mal in Details bei der MPU widersprechen, denn Sie würden damit dem Gutachter die Grundlage für seine Prognose entziehen!
Hier lauert eine böse Falle!
Es kommt oft vor, dass ein Anwalt rät diese oder jene Behauptung oder Anschuldigung lieber zu akzeptieren, weil die Aussichten sehr schlecht sind, wenn man dagegen angehen will (z.B. weil mehrere Zeugenaussagen gegen Sie vorliegen und Sie selbst aber allein waren und deshalb keine Zeugen haben). Ein solcher Rat kann aus der Sicht des Anwalts durchaus vernünftig sein. das Problem ist aber, dass Anwälte oft wenig Ahnung von der MPU haben. Da spielt nämlich außer Verkehrsrecht auch Verwaltungsrecht eine Rolle.
Ein Rechtsanwalt (meistens ein Fachanwalt für Verkehrsrecht) betrachtet Ihren Fall natürlich aus juristischer Sicht. Wenn Sie nachher aber zur MPU antreten müssen, haben Sie es dort mit einem Verkehrsmediziner und einem Verkehrspsychologen zu tun. Ich meine, es gehört nicht viel Fantasie dazu sich vorzustellen, dass diese beiden unter einer völlig anderen Perspektive auf Ihren Fall schauen werden!
Akteneinsicht
Ich hoffe, Ihnen ist damit klar geworden, warum es so immens wichtig ist, dass Sie unbedingt vor der MPU Akteneinsicht in Ihre Führerscheinakte genommen haben. Sie haben ein Recht dazu, und der Vorgang ist sogar kostenlos. Wer sich nicht einmal diese kleine Mühe macht, der läuft vielleicht geradewegs ins offene Messer, weil er ja den Inhalt der Unterlagen, die dem psychologischen Gutachter bei der MPU vorliegen, nicht wirklich kennt!
Wenn Sie Akteneinsicht nehmen wollen, dann sollte das natürlich geschehen, bevor die Akte an die MPU-Stelle geschickt wird und nicht erst danach. Rufen Sie einfach bei der Führerscheinstelle an und sagen Sie, was Sie wollen. Sie bekommen dann sehr zeitnah einen Termin.
Wichtig ist die Akteneinsicht aber auch noch aus einem anderen Grund: Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass die eigene Führerscheinakte von ganz alleine auf dem korrekten Stand ist. Wer sich nicht drum kümmert, der braucht sich nicht zu wundern, wenn der Gutachter in der Akte noch uralte Vergehen findet, die schon lange hätten gelöscht werden müssen.
Und auch wenn es nicht jeden Tag vorkommt: Menschen machen bei der Arbeit Fehler. Ich hatte schon mal eine Klientin, die durchgefallen ist wegen Widerspruch zur Aktenlage. Sie wurde nach einem Verstoß gefragt, von dem sie sich sicher war, dass sie das nicht getan hat. In der Akte stand es aber so drin. Sie hatte keine Akteneinsicht genommen. So stellte sich erst nach der MPU heraus, dass in ihrer Akte auch ein paar Seiten drin waren, die durch Namensgleichheit falsch abgeheftet worden sind! - Kontrolle macht also durchaus Sinn.
Und wenn die Akte schon bei der MPU-Stelle ist?
Heißt konkret, dass Sie diesen Beitrag erst viel zu spät gelesen haben! Ja, auch das kommt vor. Lassen Sie das aber trotzdem nicht auf sich beruhen. Wenn die Akte eben bereits verschickt wurde, dann muss sie halt in Gottes Namen noch mal hin und her geschickt werden! Das kostet nicht die Welt (das Porto halt und evtl. eine kleine Bearbeitungsgebühr), aber glauben Sie mir: Sie würden sich sonst wo hin beißen, wenn Sie nur deshalb ein negatives Gutachten einfangen, weil Sie bei der MPU etwas sagen, das nicht mit der Aktenlage vereinbar ist.
Keine Ausnahme:
Wirklich nie, nie, niemals zur MPU antreten ohne dass Sie Ihre Führerscheinakte genau studiert haben!!!
Noch eine Anmerkung
Falls Sie zu denjenigen gehören, die ihre Führerscheinakte nicht kennen, dann sollten Sie ernsthaft drüber nachdenken, ob Ihre Vorbereitung auf die MPU denn wirklich solide und gründlich genug ist. Es ist keine gute Idee zur MPU anzutreten nach dem Motto: "Mal schauen, vielleicht klappt es ja!" Dafür ist die MPU nicht nur viel zu teuer, sondern durchfallen bedeutet auch ganz erheblichen Zeitverlust.
Zusammenfassung
Auch wenn es Ihnen vielleicht als unwichtiger Verwaltungskram erscheinen mag: Der Erfolg steht oder fällt tatsächlich manchmal damit, ob Sie den Inhalt Ihrer Führerscheinakte im Detail kennen oder nicht. Gehen Sie deshalb in diesem Punkt kein unnötiges Risiko ein!