Die M-Hypothesen der MPU

Das Wichtigste zusammengefasst:

  • Hypothese M1
    Dauermedikation
  • Hypothese M2
    Fehlgebrauch
  • Hypothese M3
    Medikamenten-Abhängigjkeit

Der psychologische MPU-Gutachter hat ja die nicht ganz einfache Aufgabe eine Prognose über Ihr zukünftiges Verhalten im Straßenverkehr abzugeben. Wie er dabei vorzugehen hat, das steht in den Beurteilungskriterien, an die er sich verbindlich halten muss. Jeder einzelnen Hypothese sind Voraussetzungen zugeordnet, die der MPU-Kandidat erfüllen muss um eine positive Prognose erhalten zu können. In welche Hypothese Sie gesteckt werden, das entscheidet sich im Lauf des Gesprächs mit dem psychologischen Gutachter. Dabei ist er nicht völlig frei, hat aber einen gewissen Entscheidungsspielraum. Ihr Interesse muss es natürlich sein in einer möglichst günstigen Hypothese zu landen.

Die Hypothesen M1 bis M3

Ich zitiere bei den Hypothesen hier wörtlich den Text aus den Beurteilungskriterien:

Die Hypothesen M1 bis M3

Bei einem Blick auf die 2022 neu eingeführte Fragestellungsgruppe der M-Hypothesen fällt auf, dass die anders strukturiert sind als die bereits besteheden Fragestellungsgruppen der A-, D- und V-Hypothesen. Während die alle so aufgebaut sind, dass die Schwere der Delikte und Problematiken von 1 bis 3 (bei A- und V-Hypothesen) bzw. von 1 bis 4 (bei D-Hypothesen) abnimmt, wurde diese Abstufung bei den M-Hypothesen fallen gelassen. Ich gehe weiter unten nochmals darauf ein.

Ich zitiere hier wörtlich den Text aus den Beurteilungskriterien:

Hypothese M1

»Der Klient, der dauerhaft ein fahrsicherheitsrelevantes Arzneimittel einnimmt, ist nicht verkehrsrelevant beeinträchtigt. Er ist aufgeklärt und nimmt die Arzneimittel entsprechend der ärztlichen Verordnung ein (Compliance). Risikofaktoren, welche zu einer relevanten Verschlechterung der Leistungsfähigkeit führen können werden angemessen vermieden (Adhärenz). Der Klient ist zudem in der Lage, eventuell auftretende Leistungsdefizite zu erkennen, und ist bereit, adäquat darauf zu reagieren.«

Hypothese M1 beschreibt hier die Voraussetzungen dafür, die ein Klient, der problematische Arzneimittel dauerhaft einnimmt, erfüllen muss um keine Gefahr im Straßenverkehr darzustellen. Wichtige Stichworte sind dabei die Begriffe Compliance und Adhärenz.

Compliance und Adhärenz

Compliance und Adhärenz: Was verbirgt sich dahinter und was ist der Unterschied? - Beide Begriffe setzen voraus, dass es sich um Medikamente handelt, die man auf ärztliche Verordnung bekommt und einnimmt. "Selbstmedikation" scheidet also aus.

Compliance besagt, dass man sich absolut exakt daran hält, wie man diese Medikamente einnehmen soll (also Menge und ggf. auch Uhrzeit). Natürlich kann es auch sein, dass man ein Medikament zur Einnahme nach Bedarf bekommt. Für die MPU mit M-Fragestellung ist das zwar kein Ausschlusskriterium, aber eher ungünstig, weil in diesem Fall wahrscheinlich danach gefragt werden wir, welches denn die genauen Kriterien für die Einnahme sind.

Adhärenz geht einen Schritt weiter. Es ist gewissermaßen eine Art "voraus eilender Gehorsam" bei der Medikamenteneinnahme. Vom Patient wird erwartet, dass er in der Lage sein soll allerlei Risikofaktoren zu kennen, die zu einer Verschlechterung führen können. Ein Beispiel kann etwa sein, dass er vorsichtshalber bei Einnahme dieses Medikaments onsequent auf Alkohol verzichtet. Wichtig ist es auf jeden Fall den Beipackzettel aufmerksam studiert zu haben.

Hypothese M2

»Es liegt kein Fehlgebrauch psychoaktiver, fahrsicherheitsrelevanter Arzneimittel (mehr) vor. Der Klient hat die Ursachen des Fehlgebrauchs erkannt und aufgearbeitet, ist aufgeklärt und nimmt die Arzneimittel entsprechend der ärztlichen Verordnung ein (Compliance). Er ist zudem in der Lage, eventuell auftretende Sysnmptomverschlechterungen und/oder Leistungsdefizite zu erkennen, und es ist nicht zu erwarten, dass er psychoaktive Arzneimittel außerhalb der medizinisch indizierten Therapie einnimmt.«

Die Hypothese M2 baut auf M1 auf und ist als eine Art Fortsetzung von M1 zu verstehen. Sie zielt vor allem (aber nicht nur) ab auf Klienten, bei denen M1 mindestens zeitweise nicht oder nur teilweise erfüllt war. Fehlgebrauch ist das wesentliche Stichwort von M2. Dabei wird nichts über die Ursache des Fehlgebrauchs gesagt. Er kann sowohl ganz bewusst wie auch eher fahrlässig durch Unwissenheit oder mangelnde Sorgfalt geschehen sein. Wichtig ist, dass dieser Fehlgebrauch jetzt nicht mehr vorliegt und die Anforderungen von M1 jetzt vollständig erfüllt sind.

Hypothese M3

»Es lag eine Abhängigkeit von psychoaktiven, fahrsicherheitsrelevanten Arzneimitteln vor. Der Klient ist angemessen suchttherapeutisch behandelt, nimmt die psychoaktiv wirksamen Medikamente nicht mehr oder, falls medizinisch dringend indiziert, zuverlässig nur in der verordneten Menge und Frequenz ein. Wurden auch nicht verordnete BtM oder NpS eingenommen, ist in der Regel Hypothese D1 anzuwenden.«

Hypothese M3 zielt auf eine andere Personengrupope ab als M1 und M2. Der zentrale Begriff von M3 ist die Abhängigkeit. Vergleichbare Klienten findet man in A1 (Alkohol-Abhängigkeit) oder D1 (Drogen-Abhängigkeit) wieder. Die Nähe dieser Personengruppe zu D1 wird sichtbar durch die Erwähnung von BtM (Betäbungsmittel) und NpS (Neue psychoaktive Stoffe, die so genannten Designerdrogen) deutlich.

Wie bei A1 und D1 wird bei M3 eine angemessene suchttherapeutische Behandlung vorausgesetzt (also eine handfeste Therapie). Ich finde es etwas irritierend, dass bei den M-Hypothesen eine andere Nummerierung gewählt wurde (hier M3, während bei A-, D- und V-Hypothesen die schwierigste Gruppe ja immer mit 1 bezeichnet wurde). Keine Ahnung, was man sich bei dieser Abweichung gedacht haben mag…

In M3 finden jetzt übrigens auch Klienten einen Platz, die im Rahmen einer Substitution dauerhaft behandelt werden (z.B. mit Methadon bei Heroin-Abhängigkeit). Diese Personengruppe hatte bisher im Rahmen der MPU keinen richtigen Platz gehabt.

Zusammenfassung:

Sie kennen jetzt die M-Hypothesen und und ihre Anwendung. Damit haben Sie eine gute Grundlage, um mit einer soliden Vorbereitung zu beginnen - mehr aber noch nicht. Ich meine, die Einführung der Gruppe der M-Hypothesen war mehr als überfällig, weil bisher manche Klienten mangels anderer Möglichkeit in die D-Hypothesen reingequetscht wurden, wo sie nicht wirklich hin gehören. Da die MPU mit M-Fragestellungen noch neu sind, bedeutet das aber, dass noch wenig praktische Erfahrungen vorliegen, wie die MPU-Gutachter damit umgehen. Es stimmt, dass sich jeder Gutachter an die Vorgaben der Beurteilungskriterien halten muss. Weil die aber immer einen gewissen Interpretations-Spielraum lassen, halte ich gerade bei den M-Hypothesen eine besonders gründliche Vorbereitung für sehr wichtig.

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