Kontrolliertes Trinken:
Tücken der Alkohol-MPU

Das Wichtigste zusammengefasst:

  • Was genau bedeutet kontrolliertes Trinken eigentlich?
    Es gibt Vorgaben, die Sie beachten müssen.
  • Welche Voraussetzungen sind dafür nötig?
    Erst- oder Wiederholungstäter, Höhe des Promillewertes, Lebensalter spielen eine Rolle.
  • Was hat es mit der Haaranalyse auf sich?
    Offiziell freiwillig kann sie aber doch verlangt werden.
  • Kommt es für Sie überhaupt in Betracht?
    Was Sie dazu bedenken sollten.

Was meint kontrolliertes Trinken?

Der Begriff kontrolliertes Trinken scheint ja selbsterklärend zu sein: Es ist halt der Gegenteil von unkontrolliertem Trinken - keine gewaltigen Besäufnisse eben. Hier lauert aber ene Falle:

Den Begriff kontrolliertes Trinken gibt es auch im Zusammenhang mit Angeboten, die mit dem Straßenverkehr und dem Führerschein nichts zu tun haben!

Für die MPU ist aber ziemlich genau festgelegt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Ihr Trinkverhalten als kontrolliertes Trinken anerkannt wird:

Erlaubte Mengen

In den aktuellen Beurteilungskriterien wird endlich konkreter formuliert, was man sich unter kontrolliertem Trinken für die MPU vorzustellen hat:

"Der durchschnittliche Alkoholkonsum pro Tag bewegt sich bei maximal fünf mal 24 Gramm pro Woche für Männer bzw. 12 Gramm für Frauen, wobei nie mehr als 60 Gramm an einem Tag getrunken werden."

 
kontrolliertes Trinken, darf man auch schnaps trinken?
Ist Schnaps generell verboten für kontrolliertes Trinken? Gleich erfahren Sie Genaueres…

Da sich die meisten Leute unter den Gramm-Angaben nicht viel vorstellen können, übertrage ich das mal auf Bier (bezogen auf Männer):

  • an maximal 5 Tagen pro Woche bis 2 Glas Bier zu je 0,3 Liter
  • pro Woche maximal 2,5 Liter Bier
  • nie mehr als 1,5 Liter Bier an einem Tag
  • an mindestens 2 Tagen pro Woche soll man gar keinen Alkohol trinken

Umgerechnet auf andere Getränke

20 g reiner Alkohol befinden sich in:

Zur Frage nach den "harten" Getränken: Auch Schnaps ist nicht verboten. Geschaut wird einfach auf die Menge reinen Alkohols. So lange die nicht überschritten wird, bleibt es Ihnen überlassen, welche Art von Getränken Sie wählen.

Warum so wenig?

Die Wahrscheinlichkeit, dass auch der schönste fest gefasste Vorsatz doch fallen gelassen wird, steigt sobald der Trinkende eine Wirkung des Alkohols zu spüren beginnt. Mit den Mengen, die ich oben genannt habe, ist das aber so gut wie ausgeschlossen.

Kontrolliertes Trinken heißt: alles planen

Wahrscheinlich haben Sie sich schon gefragt, wer das kontrollierte Trinken denn für die MPU kontrollieren muss (denn Kontrolle ist ja so ziemlich das Gegenteil von Vertrauen). Zuerst mal die (begrenzt) gute Nachricht: Sie selbst sollen Ihr Trinkverhalten kontrollieren.


Ein Trinkkalender ist zwar nicht Pflicht, aber es kommt gut an, wenn Sie sich wenigstens ganz besondere Trinkereignisse notieren und Details davon berichten können (z.B. eine Hochzeit, Jubiläum oder Ähnliches).

Spontan Alkohol trinken?

Mal angenommen, Sie treffen auf der Straße zufällig einen alten Bekannten und der lädt Sie auf ein Bier ein. Auto haben Sie keines dabei. Na klar, da spricht doch nichts dagegen, oder? Nach dem Verständnis der MPU aber schon: Da Sie nicht wissen konnten, dass Sie einander übern Weg laufen, war dieses Trink-Ereignis nicht planbar für Sie.

Theorie und Praxis

In der Realität wird sich kaum jemand um solche Spitzfindigkeiten kümmern, weil das nicht auffallen würde, so lange so was nicht zum Dauerzustand wird. Ich habe es aber deshalb hier aufgeführt, weil sich daran gut zeigen lässt, welche Logik hinter dem steckt, was bei der MPU unter kontrolliertem Trinken verstanden wird.

Kontrolliertes Trinken nachweisen

Es gibt eine "Kann-Bestimmung" für das kontrollierte Trinken. Es ist zwar nach wie vor kein Nachweis zwingend nötig, aber in letzter Zeit bürgert sich mehr und mehr ein, dass "freiwillig" eine Haaranalyse gemacht wird über die letzten 3-4 Monate vor der MPU. Wenn der dabei ermittelte Wert über 30nbsp;pg/mg liegt, wird das als nicht glaubhaft für kontrolliertes Trinken gewertet. Es ist also dringend anzuraten, dass Sie in den Monaten vor der MPU wirklich nur zurückhaltend Alkohol konsumieren.

Freiwilliger Zwang…?

Zur »Freiwilligkeit« einer Haaranalyse: Oft wird so argumentiert, dass Rest-Zweifel an der Glaubwürdigkeit des kontrollierten Trinkens bestehen und dem Kandidat Gelegenheit gegeben werden soll, diese durch die Haaranalyse auszuräumen - selbstverständlich freiwillig und auf seine Kosten.

Kann man das vermeiden?

Natürlich können Sie mit superkurz geschnittenen Haaren zur MPU gehen. Sie müssen dann aber damit rechnen, dass Sie dadurch erhebliches Misstrauen erzeugen würden. Das ist sicher nicht in Ihrem Interesse!

Meine Empfehlung:

Es gibt sehr große Preisunterschiede. Stöbern Sie ein bißchen im Internet. Meistens lässt sich einigermaßen in der Nähe ein akkreditiertes Großlabor finden, das eine solche Haaranalyse für ca. 100 ¤ anbietet. Nehmen Sie das wahr und legen Sie diesen Nachweis gleich freiwillig bei der MPU vor.

Was kann aus der Haaranalyse geschlossen werden?

In den Haaren sammelt sich das Alkohol-Abbauprodukt Ethylglucuronid (EtG) an. Der Grenzwert von 30 pg/mg für kontrolliertes Trinken bei 3 cm Haarprobe erlaubt also einen gewissen Rückschluss auf die in 3 Monaten konsumierte Alkoholmenge.

Was Sie für eine Haaranalyse wissen müssen
"Einmal Haare bitte so schneiden, dass sie für Haaranalyse geeignet sind!"

Nicht erkennen kann man daraus aber das Trinkmuster - also ob täglich eine kleine Menge (z.B. 0,33 l Bier) getrunken wurde oder ob vielleicht alle 6 Wochen ein großes Besäufnis stattgefunden hat (was natürlich absolut nicht zum kontrollierten Trinken passen würde). Diese Information gibt die Haaranalyse nicht her.

Aber Vorsicht:

Es dauert eine Weile, bis das Haar von der Haarwurzel durch die Kopfhaut gewachsen ist. Deshalb darf nicht naiv so gerechnet werden, dass die abgeschnittenen 3 cm Haare exakt von heute an rückwärts 3 Monate abbilden.

Für wen kommt kontrolliertes Trinken in Frage?

Es gibt einen Wermutstropfen: Man kann sich nicht völlig beliebig entscheiden, ob man mit kontrolliertem Trinken zur MPU antreten will oder ob doch Abstinenz nötig ist. Eine feste Voraussetzung gibt es nicht, aber eine Reihe von Merkmalen dafür oder dagegen.

Kontraindikatoren

  1. Wiederholungstat
    Wer in den letzten 10 Jahren schon mal im Straßenverkehr wegen Alkohol auffällig geworden ist und jetzt wieder, der zeigt damit eine erhebliche Unbelehrbarkeit. Bei ihm hat der damalige "Warnschuss" offensichtlich nicht gewirkt ⇒ statistisch schlechte Prognose für kontrolliertes Trinken.
  2. Altersgrenze
    Diese Grenze ist flexibel. Je höher das Lebensalter, desto geringer der Erfolg mit Kontrolliertem Trinken (das sagt jedenfalls die Statistik). Eine feste Grenze gibt es nicht, aber spätestens oberhalb von 55 bis 60 Jahren wird es zunehmend schwieriger mit kontrolliertem Trinken die MPU zu bestehen.
  3. Promillewert
    Auch hier gibt es einen Übergangsbereich. Als eine gewisse Schallmauer gelten aber 2 ‰ Blutalkohol.
  4. Tageszeit
    Hohe Alkoholwerte kommen in unserer Kultur normalerweise in der Freizeit vor, also überwiegend ab abends. Wer schon morgens oder Vormittags alkoholisiert erwischt wird, hat entweder noch Restalkohol (was auf eine sehr hohe Trinkmenge am Vorabend hindeutet) oder morgens schon wieder getrunken. Beides wird als sehr problematisch angesehen.

Warten Sie nicht zu lang!

Bei der Alkohol-MPU gibt es (ähnlich wie bei der Drogen-MPU) Fristen zu beachten und eventuell rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, die sonst sehr lästigen Zeitverlust bedeuten können. Wer alles "erst mal auf sich zukommen" lässt bis kurz vor der MPU, auf den wartet ein böses Erwachen. Die Taktik "oh, da hätte ich ja Nachweise gebraucht - na egal, reicht jetzt eh nicht mehr, gehe ich halt erst mal so hin" ist sinnlos rausgeschmissenes Geld und unnötig verplemperte Zeit. Der Zug ist nämlich schon lange abgefahren!

Die meisten Alkohol-Kandidaten haben ja vom Gericht eine Sperrfrist auferlegt bekommen. Eine Zeit, die man als lästig und ziemlich sinnlos empfindet. Letzteres liegt aber nur bei Ihnen, denn viel sinnvoller wäre es diese Zeit für die MPU-Vorbereitung zu nutzen.

Zusammenfassung:

Kontrolliertes Trinken ist die sinnvolle Wahl, wenn Sie die weiter oben genannten Voraussetzungen erfüllen. Es reicht aber nicht, wenn Sie einfach nur pauschal erklären: "Ja, ich praktiziere kontrolliertes Trinken." Der Gutachter wird genau nachfragen, wie Ihr Trinkverhalten aussieht und an welchen selbst gesetzten Regeln Sie sich dabei orientieren.

Sie dürfen Sie das kontrollierte Trinken nicht erst seit kurzem durchführen. Es wird eine Mindestdauer von 6 Monaten vorausgesetzt, weil angenommen, dass es erst eingeübt werden muss. Einen Nachweis dafür brauchen Sie aber nicht zu erbringen.