Abstinenz bei Alkohol-MPU:
Genauer Nachweis nötig
Was dieser Beitrag behandelt:
- Was genau bedeutet Abstinenz für die MPU?
- Wer braucht Abstinenz für die Alkohol-MPU?
- Was ist zu beachten?
Was bedeutet Abstinenz nach MPU-Verständnis?
Abstinenz ist ein Begriff, der aus dem medizinischen Umfeld stammt. Dort wird die Notwendigkeit von Abstinenz fast immer aus medizinischen / gesundheitlichen Gründen begründet.
Bei der MPU geht es aber höchstens am Rande um rein medizinische Fragen. Thema der MPU ist die Frage der Fahreignung des Kandidaten. Nur dieser Aspekt ist von Interesse. Wenn bei der MPU also Abstinenz verlangt wird, dann immer mit Blick auf die Prognose der Fahreignung jetzt und in Zukunft.
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Abstinenz bei Alkohol
Abstinenz für die MPU bedeutet vollständig und dauerhaft auf Alkohol verzichten. Es geistert immer wieder die Horrormeldung herum, dass man nicht einmal allerkleinste Mengen von Alkohol wie z.B. Rotwein-Soße oder eine Schnapspraline zu sich nehmen darf, und sogar ein Mundwasser oder Hustensaft seien streng verboten. Das ist Unsinn, so lange man sich an realistische Mengen hält und darauf achtet am Tag des Urin-Screenings wirklich gar keinen Alkohol zu sich nimmt.
Abstinenz-Nachweise
Früher gab man sich bei der MPU damit zufrieden, dass gute Leberwerte als ausreichender Nachweis für Alkohol-Abstinenz akzeptiert wurde. Das ist aber schon lange her. Spätestens seit 2009 wurden hier die Zügel deutlich angezogen und 2014 nochmals verschärft. Wer heute zur MPU antritt und angibt, er würde schon seit so und so lange abstinent leben, der ist schon so gut wie durchgefallen, wenn er das nicht durch anerkannte Nachweise belegen kann. Leberwerte haben sich nämlich als viel zu unsicher als Beleg für Abstinenz erwiesen.
Trotzdem werden immer noch bei der Alkohol-MPU die Leberwerte GGT, GOT und GPT erhoben. Wozu das also? Nun, die Leberwerte spielen immer noch eine Rolle, heute aber im umgekehrten Sinn: Wenn sie den als normal definierten Bereich nach oben überschreiten, wird das als ernsthafter Hinweis auf aktuellen oder früheren drastischen Alkoholkonsum angesehen. Es macht nach wie vor noch immer Sinn die Leberwerte im Auge zu behalten vor der MPU.
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, wie Sie Ihren Abstinenz-Nachweis für die MPU erbringen können:
- durch Urin-Screenings
- oder durch Haaranalysen
Abstinenz-Nachweis durch Urin-Screenings
Wenn Sie sich für Urin-Screenings entscheiden, muss ein Vertrag darüber unterschrieben werden, der Einzelheiten regelt. Das ist wichtig, damit die Urinproben bei der MPU anerkannt werden. Dafür ist es nötig, dass die betreffende Stelle akkreditiert ist. In der Praxis läuft es meistens darauf hinaus, dass man die am nächsten gelegene MPU-Stelle nimmt.
Sie sind durch die Wahl der Stelle für die Urin-Screenings nicht daran gebunden, dass Sie nachher auch dort zur MPU antreten. Die Abstinenz-Nachweise und die MPU sind völlig unabhängig voneinander.
Bei einem 6-monatigen Abstinenzvertrag werden Sie vier Mal kurzfristig einbestellt, beim 12-monatigen insgesamt <sechs Mal.
Kurzfristig einbestellt bedeutet meistens, dass Sie eine SMS erhalten und innerhalb von 24 Stunden zur Urinprobe erscheinen müssen.
Achtung:
Wenn Sie diese Frist nicht einhalten oder wenn Sie positiv getestet werden, ist der gesamte schon begonnene Abstinenz-Nachweis hinfällig!
Neuerdings darf außer auf EtG auch auf einen anderen Marker getestet werden (PEth = Phosphatidylethanol). Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass PEth stattgefundenen Alkoholkonsum wesentlich länger nachweisen kann: ca. 10 Tage je nach getrunkener Menge nämlich.
Abstinenz-Nachweis durch Haaranalysen
Die Alternative zu den Urinproben ist Abstinenz-Nachweis durch Haaranalysen. 1 cm Haarlänge pro nachgewiesenem Abstinenz-Monat ist nötig. Es wird nach dem Alkohol-Abbauprodukt Ethylglucuronid (EtG) gesucht. Weil EtG mit der Zeit weiter zerfällt sind maximal 3 Monate rückwirkend als Abstinenz-Nachweis durch Haaranalyse zulässig.
Aber Vorsicht:
- Es dauert eine Weile, bis das Haar von der Haarwurzel durch die Kopfhaut gewachsen ist. Deshalb darf nicht naiv so gerechnet werden, dass die abgeschnittenen 3 cm Haare exakt von heute an rückwärts 3 Monate abbilden. Je nach Haarwuchs kann in so einer Haarprobe ohne weiteres die Information enthalten sein, die aus der Zeit von vor 4 Monaten bis vor ca. 1 Monat stammt. Was Sie z.B. vorgestern getrunken haben, das kann noch gar nicht in der Haarprobe angelangt sein.
Noch ein Hinweis:
Als Grenzwert für Alkohol-Abstinenz werden < 7 pg/mg angesetzt. Dieser Wert ist so gewählt, dass Kleinstmengen Alkohol unproblematisch sind. Kleinstmenge meint gelegentlichen Konsum von Dingen wie ein paar Schnapspralinen, einem Eierlikör-Becher in der Eisdiele oder Ähnliches. Aber wirklich nur gelegentlich und nicht jeden Tag. Auch wenn von der Haaranalyse her daraus kein Problem entsteht, ist es aber trotzdem keine gute Idee das dem Gutachter so zu präsentieren.
Wann ist Alkohol-Abstinenz nötig?
- Wiederholungstäter
Wer in den letzten 10 Jahren schon eine Auffälligkeit wegen Alkohol hatte, hat ohne Abstinenz-Nachweise fast keine Chance. Die Begründung dafür finde ich sogar nachvollziehbar: Er hat ein erhebliches Maß an Unbelehrsamkeit gezeigt, indem er auf die erste Sanktion ja nicht positiv reagiert hat. Damit hat er ja gezeigt, dass kontrollierter Umgang mit Alkohol nicht funktioniert bei ihm. Eine gewisse Chance ohne Abstinenz hat nur der, dessen Promillewert bei beiden Verstößen sehr nieder war (möglichst unter 1‰) und wo keine steigende Tendenz besteht. - Hoher Promillewert
Es gibt keine feste Grenze, aber eine gewisse Schallmauer 2‰ kann als Richtwert angesehen werden. Je weiter darüber, desto merklich schlechter die Chancen ohne Abstinenz-Nachweise. - Hohes Lebensalter
Die Erfahrung zeigt, dass ein junger Mensch noch "besser formbar" ist als ein alter. Wer im Alter mit Alkohol aufgefallen ist, der hat mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erst vor kurzem damit angefangen. Die Prognose, dass so jemand noch kontrollierten Umgang mit Alkohol auf niederem Niveau stabil praktizieren wird, ist nicht günstig. - Ungewöhnliche Tageszeit
Wer schon tagsüber mit Alkohol aufgefallen ist, der hat entweder noch Restalkohol vom Vortag (was auf einen sehr hohen Promillewert hindeutet) oder bereits früh zu trinken begonnen. Beides wird als ein Indiz auf ein stark fortgeschrittenes Alkohol-Problem angesehen.
Kombination Abstinenz und kontrolliertes Trinken
Manchmal ist zu lesen, dass auch eine Kombination aus Abstinenz und kontrolliertem Trinken möglich ist. Zeitlich nacheinander natürlich. Ich halte davon nichts. Wer sowieso entsprechend lange Sperrfrist hat, der könnte grundsätzlich schon erst mal sechs Monate Abstinenz und daran anschließend auf kontrolliertes Trinken umsteigen. Was sollte das aber bringen? Soll die Abstinenzphase Abstand schaffen zum Trinkverhalten, oder was? Ich finde dass das argumentativ schlecht zu verkaufen ist. Es sieht zu sehr danach aus, dass die Abstinenz nicht durchgehalten wurde.
Fristen für Abstinenz-Nachweise beachten
Der Abstinenz-Nachweis muss zeitlich passen: Es macht kenen Sinn im Übereifer sofort loszulegen, wenn man eine sehr lange Sperrfrist hat. Mehr als 12 Monate Abstinenz-Nachweis macht nur dann Sinn, wenn Sie es knüppelhat bringen und Sie schon Mehrfach-Wiederholungstäter sind oder in die Kategorie A1 (Alkoholabhängigkeit) eingestuft wurden.
Wer mit Abstinenz zur MPU antritt, von dem wird standardmäßig Nachweis über 12 Monate Abstinenz erwartet. In den Beurteilungs-Kriterien wird auch die Alternative 6 Monate genannt. Es ist aber sehr schwammig beschrieben, unter welchen Voraussetzungen das genügen würde. Es läuft deshalb darauf hinaus, dass es dem Ermessensspielraum des MPU-Gutachters überlassen bleibt, ob er sich mit 6 Monaten zufrieden gibt. Wer dieses Risiko eingehen will, der braucht also eine sehr gute und überzeugende Begründung dafür, warum in seinem Fall der kürzere Nachweis ausreichend sein soll.
Achten Sie auch unbedingt darauf, dass keine zeitliche Lücke entsteht. Deshalb sollte der Termin für die MPU möglichst bald nach Ende der Abstinenz-Nachweise liegen. Es dürfen maximal 4 Monate vergangen sein, damit die Abstinenz-Nachweise für die MPU noch gültig sind. Lassen Sie es nicht auf den letzten Moment ankommen!
Urin-Screenings oder Haaranalysen?
Ich werde oft gefragt welches von beiden Verfahren denn »das Bessere« sei. Es gibt kein besser oder schlechter. Für die MPU sind beide gleichwertig. Es gibt aber einige Aspekte, die Sie zumindest kennen sollten. Beachten Sie, dass die folgenden Angaben nur für Alkohol-Abstinenz-Nachweise gelten und nicht auf das Thema Drogen direkt übertragen werden dürfen:
- Wegen der kurzfristigen Einbestellung zu den Urinproben ist der Klient weniger flexibel in seiner Zeitgestaltung. Es gibt zwar einige Regelungen für Ausnahmen (Urlaub z.B.), aber darüber muss man sich vorher sehr genau informieren, wenn man nicht riskieren möchte den gesamten Abstinenz-Nachweis zu verlieren. Überlegen Sie deshalb gründlich, ob das evtl. berufsbedingt problematisch werden könnte (z.B. durch Außendienst, Montage o.ä.).
- Durch Haaranalyse ist Abstinenz-Nachweis bis 3 Monate rückwirkend möglich. Es ist also eine gute Wahl für all diejenigen, die schon seit einiger Zeit alkoholfrei leben, aber erst jetzt mitgekriegt haben, dass Nachweise nötig sind. Ausreichende Haarlänge vorausgesetzt (mindestens 3 cm) ist auf diese Weise wenigstens nicht die gesamte schon verstrichene Abstinenzzeit verloren.
- Das Alkohol-Abbauprodukt EtG bzw. PEth sammelt sich in den Haaren an. Die Haare haben also sozusagen ein »Gedächtnis« für Alkoholkonsum. Dazu ist aber wichtig zu wissen, dass je nach individueller Haarwuchs-Geschwindigkeit ungefähr 1 Monat Zeitversatz besteht. So lange dauert es nämlich ungefähr, bis die Haare aus der Haarwurzel durch die Kopfhaut gewachsen sind.
- Für die MPU liegt die Nachweisgrenze für Alkohol-Abstinenz bei 7 pg/mg. Da die Haarsträhne als Ganzes analysiert wird, hinterlassen gelegentliche sehr kleine Mengen Alkohol bei der Haaranalyse keine Spuren oberhalb der definierten Nachweisgrenze.
- Bei den EtG Urin-Screenings ist es genau umgekehrt: Alkoholkonsum auch größerer Menge, der mindestens 4-5 Tage zurück liegt, ist in der Urinprobe nicht mehr nachweisbar. Deshalb wird auch so großer Wert darauf gelegt, dass der Einbestellung zur Urinprobe so kurzfristig gefolgt wird. Dann sind allerdings auch sehr kleine aktuelle Alkohol-Mengen noch nachweisbar.
Zusammenfassung:
Offiziell ist es dem MPU-Kandidat überlassen, ob er mit kontrolliertem Trinken oder mit Abstinenz zur MPU antritt. Es gibt aber Voraussetzungen, unter denen nur noch Abstinenz in Frage kommt, um die MPU zu bestehen.
Abstinenz muss nach genau festgelegten Kriterien nachgewiesen werden durch Urin-Screenings oder Haaranalysen. Die Leberwerte allein sind nicht ausreichend, und Urinproben oder Haarproben vom Hausarzt abgenommen werden nicht mehr anerkannt!
Es ist auch wichtig, dass Sie verschiedene Fristen peinlich genau einhalten, weil es sonst passieren kann, dass Ihre Nachweise verfallen und wertlos werden.