Stau

Ist eine Verkehrstherapie die passende Vorbereitung auf die MPU?

Das Wichtigste zusammengefasst:

  • Was ist Verkehrstherapie?
    Eine Therapie braucht man ja nur dann, wenn man krank ist, oder? Lesen Sie hier!
  • Das sollten Sie beachten
    Klären Sie unbedingt frühzeitig, worin die Leistung besteht, für die Sie zahlen sollen: Ist es eine Therapie oder tatsächlich ganz konkrete Vorbereitung auf die Begutachtung?

Begriffsklärung:
Verkehrspsychologie und Verkehrstherapie

Früher oder später stoßen Sie bei der MPU-Vorbereitung sicher auf die beiden Begriffe. Um Unklarheiten zu vermeiden hier die Definition:


So, dann wollen wir mal schauen…

Was mir daran nicht gefällt

Schaut man auf die Schnelle nach was unter einer Therapie zu verstehen hat, stößt man z.B. auf folgende Definition:

Definition Therapie:

Verfahren, Methode zur Heilung einer Krankheit; Heilbehandlung

Ein Verkehrstherapeut ist also jemand, der eine Methode zur Heilung einer Krankheit an seinen Klienten anwendet? Oh je, ist das denn etwa sogar ansteckend, diese "Verkehrskrankheit" oder wie auch immer das heißen mag?

Auch falls Sie sich irgendwas richtig Krasses im Straßenverkehr geleistet haben sollten: Würden Sie sich denn als krank bezeichnen?

Sehr unerfreulich kann es aber werden, wenn das Verständnis des Verkehrstherapeuten deutlich von dem abweicht, was das Interesse des Klienten ist. Vor einiger Zeit habe ich auf einer Homepage, auf der es um die Themen MPU und Verkehrstherapie ging, einen Satz gelesen, den man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen sollte:

Aussage eines Verkehrstherapeuten:

"MPU-Fragen gehören nicht in eine Verkehrstherapie, da sie von den therapeutischen Zielen ablenken."

Dieser Mensch scheint sich so ausgeprägt in der Rolle des "wissenden Therapeuten" zu fühlen, dass es ihm egal ist, ob seine eigenen therapeutischen Ziele identisch sind mit dem, was der zahlende Klient erreichen will! Oder anders ausgedrückt: Das Bestehen der MPU ist für ihn anscheinend kein therapeutisches Ziel! Sein Thema ist offensichtlich nicht der Führerschein, sondern die "Heilbehandlung".

Wie ist das zu verstehen?

Wie ich weiter oben geschrieben habe, geht es bei der Verkehrstherapie darum, das problematische Verhalten im Straßenverkehr abzustellen - also "weg-zu-therapieren". Dem kann ich mich noch halbwegs anschließen. Die angewandten Methoden werden stark davon abhängen welcher psychologischen Schule der Therapeut nahe steht. Meistens wird es die Verhaltenstherapie sein. Das ist schon deshalb naheliegend, weil der MPU-Gutachter dieser Schule folgen muss.

Die Therapie war erfolgreich, wenn der Klient tatsächlich in Zukunft sein problematisches Verhalten dauerhaft abgestellt hat. Die therapeutische Arbeit ist damit beendet.

Das bedeutet ganz konkret: Der Verkehrstherapeut schätzt selber ein, wann das Therapieziel erreicht ist. Mehr braucht ihn nicht zu interessieren. Es wird stillschweigend angenommen, dass der MPU-Gutachter eine Diagnosemethode anwenden wird, die weitgehend mit der Einschätzung des Verkehrstherapeuten kompatibel ist.

ACHTUNG:

Eine gezielte Vorbereitung auf die Begutachtung ist in der klassischen Verkehrstherapie ausdrücklich nicht erwünscht, da sie ja die Diagnosemethode des MPU-Gutachters verfälschen könnte!

 

"So, lieber zahlender Klient: Meine therapeutische Maßnahme ist hiermit beendet. Jetzt musst du selber schauen wie du weiter kommst!"

Überlegen Sie mal

Auf den ersten Blick befassen sich der Verkehrstherapeut und der psychologische MPU-Gutachter mit dem gleichen Thema: die Fahrtauglichkeit. Der Verkehrstherapeut ist - salopp ausgedrückt - der "Handwerker", der einen Defekt zu beheben hat, und der MPU-Gutachter überprüft, ob ihm das gelungen ist. Jeder hat also seinen klar abgegrenzten Aufgabenbereich.


Fast wie bei der Hauptuntersuchung alle zwei Jahre: Der "Handwerker" Verkehrspsychologe "repariert" den festgestellten Mangel. Der MPU-Gutachter überprüft ob die Arbeit zur Zufriedenheit ausgeführt wurde (hier: ob das problematische Verhalten im Straßenverkehr abgestellt wurde).

Sehr seltsam finde ich aber dann eine Denkweise, wie oben zitiert (MPU-Fragen gehören nicht in eine Verkehrstherapie, da sie von den therapeutischen Zielen ablenken), denn es ist ja nicht ungewöhnlich, dass etwas überprüft werden soll.

Beispiel:

Nehmen wir mal die Fahrprüfung als Beispiel. Es ist ziemlich genau festgelegt wie eine solche Prüfungsfahrt ablaufen muss. Mal ehrlich: Würden Sie zu einer Fahrschule gehen, deren Fahrlehrer Sie nicht auf die Besonderheiten der Fahrprüfung vorbereiten will?

Vergleichbar ist das durchaus mit der MPU. Die Fahrprüfung und das MPU-Gutachtergespräch dauern beide ungefähr gleich lang. Weil es unmöglich ist in dieser knappen Zeit einen umfassenden Gesamteindruck zu bekommen, macht es (auch bei aller Kritik daran) doch einen gewissen Sinn, dass es Vorgaben gibt, die regeln, was auf jeden Fall gemacht werden muss. Dadurch wird mögliche Willkür eingeschränkt und die Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Prüfungen verbessert.

Bleiben wir noch kurz beim Beispiel Fahrprüfung: Nicht alle Vorgaben werden in der späteren Alltagspraxis wirklich so eng umgesetzt (z.B. dass an einem Stoppschild das Fahrzeug immer bis zum völligen Stillstand gebracht werden muss), sind aber prüfungsrelevant, um nicht durchzufallen. Vergleichbares gibt es bei der MPU auch. Ich meine, jeder Verkehrstherapeut, der auf solche nicht selbstverständliche Punkte nicht ausdrücklich hinweist, lässt seinen Klient ins offene Messer laufen!

Warum verhalten sich manche Verkehrstherapeuten so?

Ursache ist das Grundverständnis der MPU. Beim klassischen Therapieverständnis geht es ja um die Veränderung des Menschen in eine bestimmte erwünschte Richtung. Damit ist es aber noch nicht getan: Es soll auch eine Möglichkeit geben den Erfolg der Veränderung zu überprüfen. Bei der MPU ist der MPU-Gutachter diese Instanz. Wer die "Werkzeuge des Gutachters" gut kennt hat natürlich einen Vorteil. Darin sehen manche Verkehrspsychologen eine Verfälschung der Überprüfung - ungefähr so, wie wenn einige Schüler die Fragen der Klassenarbeit schon vorher kennen würden.

Ich empfehle Ihnen deshalb dringend vor Beginn einer MPU-Vorbereitungsmaßnahme ausdrücklich zu klären was das genaue Ziel der Vorbereitungsmaßnahme ist. Nur so können Sie sicher sein, dass es beiden Beteiligten vorrangig um Ihren Führerschein geht. Fragen Sie auch ausdrücklich nach ob die detaillierte Vorbereitung auf das Gespräch mit dem Gutachter Bestandteil der Maßnahme sein wird.

Du sollst nicht merken…

Oft wird von Psychologen versucht den Klienten möglichst trickreich so zu "steuern", dass er glaubt, er wäre auf alles selber drauf gekommen. Die klammheimliche Hoffnung dabei ist, dass die so erreichte Einsicht zu einer stabileren Verhaltensänderung führt. Statistisch nachweisbar ist das nicht. Und ich finde es mehr als albern und völlig unangemessen mit nicht psychisch massiv gestörten erwachsenen Menschen so umgehen zu wollen!

Zusammenfassung:

Es gibt keine Vorgabe auf welche Weise Sie sich auf die MPU vorbereiten müssen. Ein weit verbreiteter Aberglaube ist es auch, dass man schlechtere Chancen hat, wenn man nicht einen (oft teuren, aber minderwertigen) Kurs bei der Tochterfirma der MPU-Stelle gemacht hat. Auch die Tatsache, dass der Anbieter vielleicht vorher selber mal MPU-Gutachter war, sagt nichts darüber aus wie seine Arbeitsweise jetzt als MPU-Vorbereiter aussieht.

Ich strebe mit meinen Klienten Kommunikation auf Augenhöhe an und nicht "Erziehung durch die Hintertür."