MPU-Fragen:
Auswendig lernen ist sinnlos!
Was dieser Beitrag behandelt:
Die große Schwelle, an der die meisten MPU-Kandidaten scheitern, ist das Gespräch mit dem psychologischen Gutachter. Es dauert eine volle Stunde und ist kein Kaffeeplausch.
Wahrscheinlich suchen Sie hier auch eine der »MPU-Fragenlisten«, die im Internet herumgeistern. Vergessen Sie's! Mit etwas auswendig Gelerntem kommen Sie bei der MPU nicht weit. Natürlich gibt es einige Fragen, die so oder ähnlich immer gestellt werden. Der springende Punkt ist aber, dass alles wie durch eine Linse auf Ihren individuellen Fall gesehen wird und erst als Ganzes betrachtet seinen Sinn macht.
Wenn Sie auswendig gelernte Standard-Antworten geben, geht das ins Leere durch den fehlenden Bezug auf Ihren Fall, der vom MPU-Psychologen immer als etwas Individuelles betrachtet wird.
MPU-Fragen sind anders
Jeder erinnert sich noch an die theoretische Fahrprüfung: Von der Fahrschule bekam man einen ganzen Stapel Ankreuz-Fragen und eine Schablone, die man über die einzelnen Blätter drüber legen konnte, um die richtigen Antworten sehen zu können. Multiple Choice heißt dieses Verfahren. Es wird bevorzugt dort eingesetzt, wo eine große Menge Prüflinge auf auswendig gelerntes Wissen getestet werden soll.
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MPU-Fragen sind kein Wissenstest
Bei der theoretischen Fahrprüfung ging es um die Verkehrsregeln und um verschiedene Zahlen wie Bremsweg o.ä. - alles Dinge, die man pauken kann, und wenn alles fest in der Birne drin ist, dann besteht man die Prüfung mit Sicherheit. Es ist eine Fleißaufgabe, mehr nicht.
MPU-Fragen sind kein »Frage-Antwort-Spiel«
Sie müssen zur MPU antreten, weil Sie sich »was geleistet haben«, das darauf hindeutet, dass Sie eine besondere Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer sind. Sie sind damit nicht allein, aber jeder Einzelfall ist anders, und deshalb muss die MPU eine individuelle Begutachtung sein.
Selbstverständlich stellt der psychologische MPU-Gutachter auch Fragen im Verlauf des Gesprächs. Das sind aber keine Fragen, die man kurz mit ja oder nein beantworten kann. Es sind sehr oft Warum-Fragen wie z.B.: "Warum haben Sie immer wieder die Geschwindigkeitsbegrenzung überschritten?", "Warum haben Sie so viel Alkohol getrunken?"
Natürlich kann man auch darauf etwas auswendig Gelerntes antworten. Machen Sie sich aber keine Illusionen: Der MPU-Gutachter macht seinen Job nicht erst seit gestern und wird natürlich merken, wenn jemand Standard-Antworten abspult. Weil es unmöglich ist, dass die alle auf Ihren Einzelfall passen können, wird er sehr gezielt durch genaueres Nachfragen dort einhaken, wo es nicht mehr stimmig ist.
Sind MPU-Fragen ein »Wahrheits-Test«?
Nein, es ist nicht das, wonach vorrangig wird. Es gibt aber viele Widersprüche, die so offensichtlich sind, dass es unmöglich ist. Neulich hatte ich z.B. einen Klient zur Vorbereitung, der in einer Kontrolle mit einem ganz durchschnittlichen THC-Wert angehalten wurde. Er hat stocksteif behauptet, dass er vor mindestens zwei Wochen den letzten Joint geraucht hat und seither keinen Kontakt zu Cannabis hatte. Das ist aber einfach rein medizinisch nicht möglich - genauso wie wenn einer mit 2‰ behauptet, er hätte wirklich nur zwei Bier getrunken.
Der (Un-)Wahrheitsgehalt solcher Angaben ist so unzweifelhaft, dass man damit die eigene Glaubwürdigkeit widerlegt und auf dem geraden Weg in die negative MPU marschiert.
Abgesehen von klaren Widersprüchen wird bei der MPU aber zunächst dem geglaubt, was Sie berichten (aber Vorsicht: Es ist bereits ein Widerspruch, wenn Sie dem MPU-Mediziner sagen, Sie hätten 8 Bier getrunken, und im Gespräch mit dem Psychologen sind es dann plötzlich nur noch 7). Sie müssen aber keine Angst haben, dass etwa bei Ihrem Arbeitgeber o.ä. nachgefragt wird. Das verbietet schon die Schweigepflicht.
Gibt es denn keinen Fragebogen bei der MPU?
Doch, den gibt es. Das sind aber überwiegend Fragen zur Person. Es kann nach genauer Menge des Alkoholkonsums gefragt werden, ob Sie Raucher sind und vieles mehr. Es ist nichts, vor dem man Angst haben muss. Achten Sie aber darauf, dass Sie auch hier schon einen Widerspruch produzieren können (siehe oben). Bei Fragen, die Ihnen unklar sind, lassen Sie einfach leer. Der Gutachter kann dann ja im Gespräch noch nachfragen.
Diese Fragebögen sind übrigens nicht vereinheitlicht. Jede MPU-Stelle kann ihre eigenen haben.
MPU-Fragen behandeln folgende Themen:
Auch wenn es keinen Sinn macht irgendwelche Fragenlisten mit fertigen Antworten zu pauken (gefragt wird ja individuell nach Ihrem Fall), gibt es doch Themengruppen, die abgearbeitet werden müssen.
1. Was genau ist denn vorgefallen?
Der Gutachter sieht Sie zum ersten Mal und weiß am Anfang nur das, was in der Führerscheinakte steht. Das ist eine Menge Papier, aber inhaltlich oft herzlich wenig. Er möchte von Ihnen hören, wie Sie ihm die Delikte "verkaufen". Dabei können Sie schon eine Menge Schaden anrichten. Er wird nämlich auf Feinheiten achten, die Ihnen selbst gar nicht auffallen. Wichtig ist, dass Sie sachlich antworten und auf Emotionen und Reue- oder Schuld-Beteuerungen verzichten.
2. Warum haben Sie sich so und nicht anders verhalten?
Es wird vorausgesetzt, dass niemand »einfach nur so« seinen kostbaren Führerschein aufs Spiel setzt. Der Gutachter erwartet: Es muss für Sie irgendetwas gegeben haben, das in Ihrem Leben so wichtig war, dass Sie dafür sogar den Verlust der Fahrerlaubnis in Kauf genommen haben.
Viele Klienten tun sich damit sehr schwer. Wenn Sie diesen Punkt aber nicht in allen Einzelheiten erklären können, ist kein positives Gutachten möglich! Die Begründung ist einfach: Wenn Sie nicht einmal selbst die entscheidenden Zusammenhänge kennen, dann wissen Sie auch nicht, wovor Sie sich in Zukunft in Acht nehmen müssen.
Wie wichtig diese Frage ist sehen Sie daran, dass für diesen Teil volle 15-20 Minuten im Einzelgespräch vorgesehen sind! Da es hier um Sie als die handelnde Person geht, kann eine auswendig gelernte Antwort von der Stange nicht funktionieren.
3. Was haben Sie verändert?
Der schönste Vorsatz ist nicht viel wert. Das zeigen die statistischen Daten sehr deutlich. Der Gutachter erwartet mehr: Es müssen handfeste Veränderungen in Ihrem Lebensalltag stattgefunden haben. Und die müssen Sie ihm überzeugend präsentieren können. Es ist keine gute Idee hier mit einem ganzen Haufen einzelner Veränderungen wie mit einem Gemischtwarenladen auftreten zu wollen.
4. Warum haben Sie überhaupt etwas geändert?
Wenn Ihre einzige Motivation der Führerschein ist, dann wird diese rein äußerliche Motivation sehr schnell wieder verschwinden, sobald Sie die MPU bestanden haben. Stabilität also gleich null.
Es muss eine »Motivation von innen heraus« gegeben haben. Am besten gelingt das, wenn die stattgefundenen Veränderungen mit starken positiven neuen Erfahrungen verbunden sind. Viele Klienten tun sich mit dieser Frage aber sehr schwer das wirklich überzeugend zu präsentieren, weil in Wirklichkeit eben vielleicht doch nicht viel passiert ist. - Auswendig gelernte Antworten? Auch hier wieder Fehlanzeige!
5. Wie beugen Sie einem Rückfall vor?
Menschen neigen dazu in schwierigen Lebenssituationen auf alte Verhaltensweisen zurückzugreifen. Das ist statistisch erwiesen. Viele Klienten weisen das weit von sich: "Ein Rückfall? Völlig ausgeschlossen, das kann bei mir gar nicht passieren!" Wer aber so argumentiert, der sägt fleißig am eigenen MPU-Ast: Nur wer hier nicht die Augen verschließt, sondern sich offen mit der Frage auseinandersetzt, wie eine »Glatteis-Konstellation« aussehen könnte, wird Warnsignale erkennen und eine geeignete Notfallstrategie einleiten können.
Warum MPU-Fragensammlungen am Kern vorbei gehen
Bei der MPU muss der Gutachter eine Prognose über Ihr zukünftiges Verhalten entwickeln. Weil aber jeder Mensch ein bisschen anders ist als alle anderen, kann es dafür keine fertige Fragensammlung von der Stange geben! Damit der Gutachter seine Prognose abgeben kann, führt er ja extra ein individuelles Einzelgespräch von ungefähr einer Stunde Dauer mit Ihnen. Er hat ein gewisses Raster, wie er dabei vorgeht (siehe die 5 Punkte oben), aber er wird ganz gewiss nicht eine starre Fragenliste abhaken! Wer das glaubt, der ist naiv.
Es wird zwar eine Menge Ähnlichkeiten geben in der Gesprächsführung, aber es wird bestimmt deutliche Unterschiede geben, was bei Ihnen ganz anders war als bei anderen MPU-Kandidaten. Genau diese Unterschiede sind es, die die entscheidende Rolle spielen und wo er intensiv nachhaken wird. Eine fertige Frage-Antwort-Kombination werden Sie dafür aber vergeblich suchen.
Zusammenfassung
Die MPU besteht aus vier Bausteinen:
- einem Fragebogen zur Person
- der medizinischen Untersuchung
- den Reaktionstests
- dem Gespräch mit dem psychologischen Gutachter
Die Anforderungen sind sehr unterschiedlich. Bei den meisten Reaktionstests genügt es z.B., wenn Sie nur 16% der möglichen Punktzahl schaffen. Ganz anders sieht es aber mit dem Gutachtergespräch aus: Die Fragengruppen bauen aufeinander auf. Ich erkläre es am Beispiel einer Leiter: Wenn Sie es nicht bis oben hin schaffen, ist es belanglos, ob bei Ihnen die 5., die 33. oder erst die 91. Sprosse durchgebrochen ist.
Beim Gutachtergespräch müssen Sie 100% schaffen - nicht ein bisschen weniger!
Ich hoffe, sie haben eingesehen, warum das Pauken von einer »garantiert echten MPU-Frageliste« nach der anderen gar nicht zum Ziel führen kann - schon der Ansatz ist falsch. Sparen Sie sich diese Zeit und wählen Sie lieber gleich eine effektive und ausgereifte Vorbereitung!